Das Bergwerk von Markus Pristovsek


Langsam stieg er die Enge und steile Treppe herunter. Hier irgendwo mußte das Herz des Bergwerkes sein, der zentrale Kontrollraum. Zwei Türen mit der Aufschrift: ,,Zutritt nur für autorisiertes Personal" hatte er schon durchschritten. Jetzt stand er vor der dritten Tür. Und er hatte immer noch keinen gesehen. Wo waren sie alle?

Heute hatten sie den Entschluß gefaßt, die Leiter des Betriebes von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Bisher kannten sie nur Stimmen aus Lautsprechern, die irgendwelche Anweisungen zur Ausführung gaben. Aber es mußte sie geben, denn es gab sogar extra Gebäude für ihre Unterbringung.

Das Ziel, das die Leiter haben möchten war völlig unklar. Sie verluden Eisenerz und taubes Gestein in Raumschiffe. Dort saugten sie dann die Luft ab, damit ja keiner mit den Schiffen fliehen konnte. Und dann starteten die riesigen Schiffe. Irgendwann kamen welche zurück, mit Verpflegung.

Aber was wollten sie mit dem tauben Gestein? Und warum wird das Erz nicht verhüttet, denn reines Eisen wäre viel leichter. Und warum baut man nur Eisen ab? Hier gab es irgerdwo ein Uranvorkommen, das hatte zumindest ein in der Hirachie oben stehender Arbeiter gesagt (er war immer noch weit von den Leitern entfernt).

Wäre er heute aufgebrochen, wenn nicht das Chaos ausgebrochen wäre? Heute morgen wurden sie nicht von den Lautsprechern geweckt. Die Männer der Nachtschicht, die sie weckten, sagten, es sei der Strom ausgefallen und sie sollten schlafen gehen. Doch es gab auch kein Essen mehr, in den Unterkünften brannte nur Notlicht.

Schließlich gab es Streit was man tun könnte, doch er war schon ganz zu Anfang aufgebrochen. Er hatte noch eine Rechnung mit den Leitern zu begleichen. Ein einziges Mal haben sie sich in sein Leben eingemischt und dann haben sie sie ihm weggenommen.

Doch er schob diese Gedanken beseite und wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der dritten Tür zu. An ihr waren keine besonderen Merkmale zu erkennen. Es gab einfach keinen Schließmechanismus für diese Tür. Dann sah er sich im Raum um und entdeckte neben der Tür einen schmalen Schlitz, in dem eine Platikkarte steckte. Es war eine graue Platiklochkarte, die er herauszog und in diesem Moment ging die Tür auf. Schnell betrat er den Raum dahinter.

Hier war es fast völlig dunkel, nur vereinzelt brachten schwache Birnen ein dämmeriges Licht. Eine Stimme der Leiter brabbelte unbeeindruckt in einer ihm unbekannten Sprache vor sich her. Doch hier war niemand.

Der nächste Raum war groß, bestimmt fünfzehn mal zwanzig Meter. An den ganzen Wänden befand sich eine riesige Anzeigetafel. Rasch verändertende Zahlenreihen, blinkende Lampen, viel rot, zwei gelbe und eine paar grüne. Außerdem lief die größte Anzeige im Sekundentakt rückwärts und war gerade bei 1998 angelangt.

Aber dem Raum fehlte die Einrichtung. Ein Bildschirm mit etlichen Zusatzgeräten stand am gegenüberliegenden Ende. Man sah jedoch am Boden die hellen Stellen, wo wohl einstmals große Geräte standen.

Da es sonst nichts im Raum gab, ging er auf den Monitor und die Konsole zu. Dort konnte er einige Buchstaben erkennen. Mühsam versuchte er die Schrift zu entziffern, denn Lesen hatte er nur von seinem Großvater gelernt. Er liest: ,,Drücke Play am Gerät daneben."

Er suchte den Druckknopf an der alten Konsole. Endlich fand er eine Reihe von Knöpfen und schließlich den Richtigen.

,,Hallo, wir begrüßen dich. Dich, denn wir denken, es wird nur ein einzelner kommen.

Ihr seid hier die letzten Menschen, die in der Galaxis existieren. Ihr wart hier gefangen, den Wunsch zur Gewalt wollten wir mit Arbeit unterdrücken. Doch der Beweis, daß dies nicht klappte, ist dir gelungen. Einfacher gesagt, wir sind geflüchtet, vor euch.

Du wunderst dich? Die Menschen haben die Galaxis erobert, und zwar mit Gewalt. Das mag zwar so lang her sein, daß sich niemand von euch mehr daran erinnert, aber wir können nicht vergessen. Aber wir wollten euch hier eine Chance geben.

Doch es zeigt sich, daß die Gewalt etwas ist, das zum Menschen gehört. Wieso? Nun heute wurde der tausendste Menschen von einem anderen umgebracht. Und die Anzahl der Morde stieg an, immer mehr.

Darum ziehen wir einen Schlußstrich. Wir bitten euch nicht um Verzeihung, denn für Gewalt kann es eigentlich kaum welche geben. Setze dich, und sprich, der Computer wird alles aufzeichnen und es uns übermitteln, solange er noch kann. Bereite dich auf das Ende vor."

Er setzte sich hin und drehte sich um. Im Raum sah es aus wie vorhin auch. Nur die Anzeige war auf 75 vorgerückt. Wenn er das richtig verstanden hatte, dann müßten sie alle in jetzt einer Minute sterben. Was sollte er bloß sagen? Die Sekunden wurden weniger. Endlich kurz vor Null wußte er es und schrie mit aller Kraft.


Die Worte ereichte sie erst Stunden später, aber auch der Planet existierte aus ihrer Perspektive noch immer, denn sie waren Lichtstunden entfernt. Doch obwohl sie wußten, daß einer ihre Mitteilung noch gehört hatte, warteten sie bis eben vergeblich auf seinen Stellungnahme, um das Kapitel Mensch zu den Akten zu legen.

Das Licht der Nova erreichte sie zuerst. Doch jetzt hatten sie die letzten Worte:

,,Warum nur so? Warum?"

Dann rauschte nur noch der Verstärker.


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