Die Kopernikus-Dialoge von Markus Pristovsek


Eben höre ich die schwere Schleusentür zuschlagen. Frank hat jetzt endgültig die Station verlassen. Nun liegen wieder vier, vielleicht sogar fünf Stunden der Ruhe vor mir. Ich bin allein mit dem schlafendem Rest, nur zwei Roboter und die stille Erde sind mein Begleiter.

Von hier oben, sieht die Erde wie eine Verheißung aus. Sie ist das einzige Objekt hier in der nächsten Umgebung. Die Sonne ist zwar hell, aber unendlich weit weg, wie es scheint. Wenn die Leute früher oder auch immer noch den Mond anbeten, was hätten wohl erst Mondbewohner gemacht, wenn sie die Erde angebetet hätten.

Sie hätten sehen können, mit bloßem Auge, daß sich dort ständig etwas tut. Sie wären schnell zu dem Schluß gekommen, das dort unten jemand lebt. Es mußten höhere Lebewesen dort sein, denn die Erde rotiert rasch und die Farben sind grell. Außerdem sieht man zwar alle Teile der Erde, die ist aber nur auf dem halben Mond zu sehen.

Vielleicht hätten sie dann geschlossen, daß dort keine guten Götter leben könnten, nein das All ist erfüllt mit ihnen und dort unten sind die bösen Götter eingesperrt, ihnen gilt es zu entkommen. Vielleicht ist das der Grund, warum es keine Mondbewohner mehr gibt...

Das heißt, jetzt gibt es sie ja wieder, hier sitze ich. Ich habe Einsicht und kann damit lächeln über die da unten. Eigentlich haben uns die Politiker mit vollster Berechnung hierher geschickt; hier können wir nicht mehr stören.

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Ärgerlich knirscht der Sand unter der Rädern des ausrollenden Jeeps. Er fährt ohne Scheinwerfer, aber die Nacht mondhell. Zum zweitenmal danach macht er seine überflüssige Patrouille. Nur weil der Stützpunkt eine Art Oase hin dieser wahrgewordenen Prophezeihung oder globalen Abrechnung ist. Und weil der General, dem der Stützpunkt untersteht, ein Halbirrer ist. Vielleicht war er ja es auch schon immer.

Die Patroullien sind bei allen verhaßt. Sie sind überflüssig, denn nie würde er etwas melden, selbst wenn etwas passieren würde. Denn niemand verdient diesen Menschen, von dem er abhing!

Er will gerade seine Karte in den Schlitz des Leseautomaten stecken, als es am Horizont anfängt zu dämmern, zu früh. Doch dann begriff er augenblicklich. Wie überflüssig sind sie nun auch. Nur für diesen Augenblick sind sie vorbereitet worden und nun werden sie doch nichts tun können. Sehnsüchtig schaut er zum verblassenden Vollmond hoch.

Wir bieten ihnen das Schauspiel der nächsten Jahrtausende in diesem System, das ultimative Feuerwerk. Und er lachte, bis ihm die Druckwelle dem Atem nahm.

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Die NASA hatte es gerade noch geschafft, diese völlig überfüllte Fähre hochzubringen. Eine Rückkehr wird lange dauern, dachte wehmütig der Pilot. Aber ich bin hier und lebendig!

Unter ihnen blitzte es und noch einmal rüttelte eine Schockwelle das Shuttle durch, ein paar weitere Systeme wurden lahmgelegt, doch das Ärgste war überstanden. Als sie zu ersten Mal wieder auf die gute alte Mutter Erde blicken konnte, da hatte selbst sie graue Haare bekommen, hier und da waren ein paar blaue, braune, schwarze und rote Farbtupfer zu sehen.

So ähnlich müssen sich auch die Leute von Atlantis gefühlt haben, die mit den Schiffen entkommen konnten, kam es ihm in den Sinn. Doch aus den versuchten Götten der Antike sind leibhaftige Politiker und unauffällige graue Eminenzen geworden, zu viele, zu verschiedene und zu realitätsferne Eminenzen.

Ja, das Mittelmaß hat uns vernichtet, dachte er grimmig.

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Zwischen Mars und Jupiter, bei den Asteroiden war ein Objekt, das nur in einem der vielen Kataloge klassifiziert und vergessen worden war und jetzt auch nicht mehr interessierte. Dem Besitzer war es nur recht, er wollte sowieso keine Aufmerksamkeit erregen.

Eines Nachts weckte ihn der Computer. Endlich war es soweit. Und als er durch das Teleskop geblickt hatte, war es ihm klar: Sie hatten Weg 3A eingeschlagen, Atomare Vernichtung. Wie erwartet, wie schön, daß sich seine Theorie bestätigt hatte. Dann ließ er, äußerst befriedigt, den Computer Kurs auf das nächste System nehmen.


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