Frost im Sommer von Markus Pristovsek


14.6.2013, Erde

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Zuerst war es nur ein vages Gerücht, doch schon bald war es Gewissheit: Außerirdische waren gelandet und wollten den Menschen einen Planeten schenken, wohin sie einige übersiedeln würden, um die geschundene Erde zu entlasten. Die Nachrichten brachten Bilder vom Schiff der Außerirdischen, von ihrer Technik; nur sie selber wollten nicht gefilmt werden, zeigten sich nicht einmal, da sie gerade gegen galaktisches Recht verstießen, wie sie betonten.

Doch auch die Begeisterung über dieses wirklich wichtigste Ereignisses der Menschheitsgeschichte ließ langsam nach. Und bald ging der Lauf der Menschheit wieder seinen gewohnten Gang. Die Alians blieben auf dem Planeten und studierten ihn und seine Bewohner im Verborgenen.

Dann begann die Werbekampagne. Für Auswanderung wurde geworben. Doch die Wenigsten von den vielen Tausend, die kamen, wurden genommen. Es kursierten die seltsamsten Gerüchte über das Ziel: Ein Planet voll Gold, sagten die einen. Andere waren sich sicher, dass das Ziel ein Sklavenplanet war. Kurz: Man wusste nichts.

Eines Morgens stand der Wagen, in dem man sich bewerben konnte, vor seinem U-Bahnhof. Eigentlich hatte er gar keine Zeit, doch die Neugier trieb ihn hinein. Er war enttäuscht: Er sah nur Menschen, Ärzte, die ihm Blut abnahmen und ihn gründlich untersuchten.

Es dauerte nur fünfzehn Minuten und dann sagten sie, den Bescheid bekäme er zugeschickt. Also ging er zur Arbeit.

Irgendwann zwei Jahre später, er hatte es schon wieder fast vergessen, fand er dann einen Brief in seinem Briefkasten. Es waren zwei Blätter. Das erste Blatt verriet ihm, dass er ausgewählt worden war. Er sollte in zwei Wochen in der Jakobstraße 17, 2. Stock sein, wenn er Interesse hätte. Das zweite Blatt war ,,Befund" betitelt. Er verschlang es interessiert. Ganz unten stand: Tauglich, Lebenserwartung 130±5 Jahre. Das schlug dem Fass den Boden aus!

An bewusstem Tag und Ort waren noch 14 weitere Interessenten erschienen. Sie schrieben einen Test mit sehr merkwürdigen, um nicht zu sagen sinnlosen Fragen:

- Wie stehen sie zur Genmanipulation? Segen und Fluch, schrieb er.

- Haben sie öfter kalte Füße? Ja.

- Frieren sie sonst öfters an Körperteilen vom Bauchnabel aufwärts? Nein.

- Mögen sie Delphine, Pinguine, Seehunde und/oder Fische? Ja, nur manche Raubfische nicht.

- Sind sie Vegetarier? Nein.

- Essen sie viel Fleisch? Nein.

- Nennen Sie fünf Sterne! alpha Centaurie, Sirius, Sonne, Wega, Polarstern.

Und so weiter, wirklich eine seltsame Mischung.

Dann wurde jeder zu einem anderen Raum herausgeschickt. Es ging einen ziemlich langen Korridor entlang und endete in einer Kammer mit Tisch und Stuhl. Auf dem Tisch lag eine Erklärung zur Verschwiegenheit. Kaum hatte er sie sich durchgelesen und unterschrieben, wurde es dunkel. An der Wand erschien ein weißes Bild, wie bei einem Diaprojektor ohne Dia. Eine ruhige, vermutlich synthetische Stimme fragte: «Sind sie bereit auszuwandern?»

Er bejahte.

Die Stimme fuhr sogleich fort: «Dann sollten sie einiges erfahren.»

Das helle Bild an der Wand verblasste und wurde zu der dreidimensionalen Ansicht eines hellen Planeten. Gleichzeitig setzte Musik wie bei einem Werbefilm ein. (Er erkannte sie sogar, es war Antarctica von Vangelis.) Dann setzte die Stimme wieder ein: «Die Zielwelt ist etwas größer als die Erde, das Klima ist zwischen Antarktis und Mars angesiedelt. In 321 Tage dauert ein Umlauf um die Sonne, jeder Tage ist 52 irdische Stunden lang. Der Luftdruck beträgt am Boden zwischen 9 und 11 Kilopascal, die Atmosphäre enthält mehr als 4 % Kohlendioxid.»

Dem Bild des Planeten wurde eine Projektion grünlicher Punkte überlagert, die sich langsam abrollte. «17/18-tel der Oberfläche sind von Wasser bedeckt. Bei der Durchschnittstemperatur von 270,9 am Äquator, die nur 1,2 über dem Schmelzpunkt der Ozeane liegt, ist praktisch der gesamte Planet von einer durchschnittlich 3,2 starken Eisschicht bedeckt.»

Die Kamera näherte sich jetzt rasant dem Planeten. Mit einem eindrucksvollem Aufschlag durchbrach sie die Eisdecke. «Unter dem Meer leben riesige Tiere, äußerlich den Walen auf dieser Welt sehr ähnlich. Ihre Entwicklungsstufe ist jedoch primitiv, sie sind eher riesenhafte Schnecken. Neben Flechten und Moosen sind das die einzigen natürlichen Nahrungsmittel auf dieser Welt.»

Das Bild wurde immer dunkler. Dann schälten sich eckige, einfache Strukturen heraus, ein längliches rechteckiges Gebilde rotierte in einer imitierten Eislandschaft. Es erinnerte ein Wenig an einen Film, für ein Antarktisprojekt. «Das ist die Außenansicht des zukünftigen Dorfes, das gegründet werden soll. Doch es wird keineswegs so hermetisch abgeriegelt sein, wie eine Eisstation.» Das Bild verblasste und löste sich langsam auf. Als es nur noch feiner hellgrauer Nebel war, sah er eine schemenhafte Gestalt eingeblendete, dann war das Bild ganz verschwunden. Das Licht im Raum ging wieder an.

«Sie haben es sicher schon erkannt: Diese Welt ist zu kalt, hat eine zu dünne Atmosphäre und eine zu große Schwerkraft, als dass sie hier, so wie sie sitzen, überleben könnten. Wir müssen sie modifizieren, genetisch modifizieren, entscheidend modifizieren. Sie werden eine Fell über wesentliche Teile des Körpers haben, ihre Körpertemperatur wird auf 285 Kelvin gesenkt werden. Ihr Lungenvolumen wird verdreifacht und ihre Atmung kohlendioxidunempfindlich werden. Ihr Skelett und ihre Muskulatur müssen gegen die Schwerkraft verstärkt werden. Das sind äußerlich wie innerlich drastische Änderungen. Dazu käme noch eine geistige Änderung. Wir würden ihnen eine neue Sprache beibringen, um einen Neuanfang losgelöst von den Traditionen der Erde zu gewährleisten. Das ist viel. Vielleicht werden sie sich nicht mehr als Mensch fühlen. Aber sie werden die Herren einer neuen Welt sein, sie werden jeden Tag in einer neuen unverbrauchten Natur erleben, sie werden Teil eines Neuanfanges für eine vielleicht bessere Welt werden. Sagen sie jetzt zu oder lehnen sie ab. Sie haben eine Stunde, dann gibt es kein Zurück mehr.»

 

157.0084, Frost

Er war alt geworden. Eigentlich war er schon alt, als sie losgefahren waren, doch der neue Körper hatte ihn noch einmal verjüngt. Aber innerlich ging er nun auf die 150 zu und er fühlte sich durchaus berechtigt, alt zu sein. Natürlich zeigte er das nicht so, dass sie alle darunter litten, schließlich waren sie hier zivilisiert. Er rückte tiefer unter die Decke, näher an Pascal heran, dessen jugendlicher Körper Wärme im Überfluss abstrahlte.

Schließlich stand er auf, lief mit der Unsicherheit des Morgens in das wärmere Badezimmer und machte seine morgendliche Wäsche und striegelte sich. Nur eine unbedeutende Handvoll Fell war ihm ausgegangen und das leichte Rheuma im hinteren rechten Bein war stärker geworden, aber es tat noch nicht richtig weh. Brav nah er die Pillen, die es bis morgen verdrängen würden. Und er nahm den Satz Pillen für ehemalige Menschen, den der Apparat gehorsam auf seinen Namen hin mit ausspuckte. Noch sieben andere bekamen sie, die restlichen 643 waren schon hier geboren.

Er seufzte, dann säuberte er die Bürste von seinem Fell und wusch sich kurz, denn das Wasser war kalt. Eitel betrachtete er sich im Spiegel: Er war immer noch in gutem Zustand, äußerlich. Und immer noch erinnerte er sich an den Tag, als er so aufwachte. Obwohl er es wusste, war es natürlich ein Schock. Aber als hässlich hatte er den Körper nie empfunden, aber das hatten sie natürlich vorher auch getestet. Die kräftigen vier Beine mit den Tatzen, der breite eisbärähnliche Unterleib, bedeckt mit dickem, wunderschön weichen weißen Fell, fast völlig mit Lunge und Luftsäcken gefüllt, die sich im Gegentakt aufblähten und leerten. Seine Gestalt oberhalb des nicht vorhandenen Bauchnabels war menschlich, wenn auch mit breiteren Brustkorb und Schultern. Er kämmte die schneeweiße Mähne auf dem Rücken. Er war stolz, dass er noch so gelenkig war.

Zum Schluss arrangierte er noch die ebenso schneeweißen Haare auf dem Kopf. Alle waren sie schneeweiß, vom Kleinkind bis zum Greis, wie ihm. Man sah zwar so jeden Dreck auch viel schneller, doch in einer Schnee- und Eiswelt gab es gar nicht so viel.

Danach ging er in die Küche und stellte Tee zu. Leider kochte das Wasser schon bei etwas über 350 Kelvin, da fehlten 30 Kelvin und das merkte man dem Tee deutlich an. Noch dazu war es natürlich kein echter Tee, nur etwas pfefferminzartiges. Ach, er war sentimental und alt geworden, schimpfte er sich.

Er versuchte sehr leise die gewundene Rampe herunterzugehen, doch da er mehr als sein halbes Leben nur zwei menschliche Beine hatte, trat er doch ein paar Mal hart auf. Aber er tat, was er konnte.

Er war jetzt im Hauptgang der langgestreckten Ansiedlung auf Frost, wie der Planet von ihnen getauft worden war. Nicht zu unrecht, denn 250 Tage im Jahr war eisiger Frost draußen. Nur an 70 Tagen im Jahr war die Mittagstemperatur über dem Gefrierpunkt. Das galt für den ganzen Planeten, denn seine Achse war praktisch nicht gegenüber der Bahnebene geneigt, nur seine Bahn um die Sonne war stark elliptisch. Das und die schiere Größe, mehr als zweimal so schwer wie die Erde, hatte zu dem Schluss geführt, dass in grauer Vorzeit dieser Planet ein Opfer einer Kollision zweier Planeten war. Auch die dünne Atmosphäre, von knapp 10 kPa konnte damit erklärt werden. Durch die fehlende Bahnneigung und die dünne Atmosphäre waren Stürme selten und schwach; leider war deswegen auch die Schneedecke immer recht dünn, obwohl 17/18tel der Oberfläche mit Wasser bedeckt war.

Langsam lief er den Gang entlang. Er sah auf ein Außenthermometer. Schon 256 Kelvin, nur zwanzig kälter als drinnen. Schließlich hatte er sich entschieden und öffnete die Tür. Die Luft war wieder atemberaubend frisch und seine Lungen und Luftbeutel füllten sich gierig mit dieser dünnen Luft. Diese Luft machte den Geist klarer und wacher als es diese verdammten Pillen je konnten.

Warum hatte die vorherige Kolonie aufgegeben? Wenn man sich anpasste, oder angepasst wurde wie sie, dann war dieser Planet doch wirklich schön. Etwas kalt, aber das ist ja kein Grund in dieser übervölkerten Galaxis einen Planeten einfach zu übersehen.

Er sah in den Himmel, kalt, klar und dunkel und voller Sterne mit einem leuchtenden Nebel. Auch einen optischen Pulsar gab es, aber der war jetzt nicht sichtbar. Noch zehn Minuten und die Sonne würde aufgehen. Solange würde er noch draußen bleiben, aber etwas bewegen musste er sich, wollte er nicht frieren, denn er hatte nur ein T-Shirt an.

Im Westen wurden die Eisfelder immer bläulicher, während sich ein schwacher dunkelbrauner Schimmer über dem Eis in den schwarzen Himmel ausbreitete. Diese Linie weitete sich schnell und eine halbe Minute später stand die Sonne, zu dieser Jahreszeit nur ein kleiner Fleck, über dem Horizont und verwandelte das Umland. War es vor zwei Minuten nur dunkles Eis und hellerer Schnee gewesen, so sah man jetzt deutlich die verschiedenen Schattierungen.

Oh ja, es gab viele Arten von Schnee, mehr als man je zählen konnte, viel mehr. Und dazwischen waren die vielen Arten von Eis über Schnee bis zu eisigem Wasser. Und natürlich die Flechten und Moose, die hier noch bis 70 Kelvin unter dem Gefrierpunkt wuchsen, langsam aber zäh und Farbflecken in die Landschaft setzten, die sonst ultimativ schwarz/weiß/grau war, je nachdem wieviel Schieferkrümel sich in das Eis eingearbeitet hatten.

Mit der Sonne kam der leichte Wind aus Süden auf. Über dem Äquatorgürtel wurde die Luft etwas stärker erwärmt, sodass die Luft immer von den Polen zum Äquator strömte, sich dort mit Feuchtigkeit anreicherte und auf dem Weg zu den Polen wieder abschneite. So war das Wetter sehr vorhersehbar: Nie Wolken, ein leichter Wind, mittags am stärksten, abends dann um 90° drehend, um Mitternacht einschlafend, die Richtung um 180° wendend und am nächsten Morgen begann das Spielchen von neuem. Das einzig Spannende war die Vorhersage des ersten Tages, wo das Eis schmelzen würde, also knapp 270 Kelvin. Das war Frühlingsbeginn, doch noch war es Frühwinter und erst in gut hundertfünfzig Tagen mochte es soweit sein.

Eines der vielen Gewächshäuser versperrte sein weiterkommen, und ihm war zu kalt, um herumzulaufen, also ging er wieder herein.

Drinnen begrüßte ihn die warme, etwas abgestandene und feuchte Luft. Er begann leicht zu schwitzen und ging deshalb gemächlich weiter.

In einem der Gewächshäuser wurde schon gearbeitet, wahrscheinlich war Erntezeit. Die Tür stand offen und warme und noch feuchtere Luft mit Erdaroma strömte heraus. Es reizte ihn in der Lunge und er begann zu Husten; also ging er rasch weiter.

Ansonsten war es leer hier, denn erst in einer Stunde oder so würden die meisten aufstehen, die Tage waren lang. Ein Stückchen weiter sah er draußen ein ganz junges Mädchen, nackend. So warm war es nun doch wieder nicht. Besorgt eilte er hinaus und näherte sich vorsichtig.

Sie hörte ihn nicht, sie stand nur ruhig da. Er berührte ihren Oberkörper, sie war kalt, fast schon kältestarr. Aber sie atmete und ihr Herz schlug noch. Er versuchte sie zu wecken, zog ihr sein T-Shirt an, rieb ihre Glieder. Langsam kam sie wieder zu sich.

Sobald sie sich wieder bewegen konnte, führte er sie herein. Sie murmelte zwar noch immer unzusammenhängend, folgte ihm aber. Er brachte sie in das nächste Badezimmer, gab ihr ein paar Pillen gegen Kälte und sicherheitshalber auch gegen die Strahlenfolgen, obwohl sie kaum so lange draußen gewesen sein konnte. Dann duschte er sie immer wärmer ab, bis sie völlig zu sich kam. Zuerst war sie wütend und schrie ihn an, aber als sie ganz wieder bei sich war, begann sie zu weinen.

Mit der Geduld des Alters ließ er sie gewähren, trocknete sie nebenbei noch ab. Sie kniete schließlich ihm gegenüber und weinte lange. Ihm war schon ganz schlecht zumute. Endlich konnte sie reden.

«Weißt du, ich bekomme ein Kind.», brachte sie heraus.

«Das ist doch ein Grund zum Freuen.»

Sie begann sofort wieder heftiger zu schluchzen. «Du verstehst mich nicht.»

«Dann sage mir, weshalb du weinst.»

«Weißt du, ich bin gut. Richtig gut, ich bin die Beste in den drei Kursen.»

«Ich verstehe immer noch nicht.»

«Ich kann dann die Kurse nicht mehr besuchen, werde dick und hässlich.» Und sie weinte wieder herzzerreißend.

«Ich weiß ja nicht, was man euch so beibringt. Aber die Kurse kannst du während deiner Schwangerschaft und danach weiter besuchen. Und hässlich wirst du auch nicht, du wirst wieder genauso schlank, wie du es jetzt bist.»

«Und außerdem», schluchzte sie weiter, «außerdem hat mich mein Freund verlassen.»

Daher wehte also der Wind. «Dann war er deiner nicht wert. Und auch wenn du jetzt sagst, so einen finde ich nie, nie wieder, dann ist das falsch. Du bist jung und schön und hast noch dein ganzes Leben vor dir. Sie mich an, alt und verbraucht. Und trotzdem werfe ich mich nicht in die Kälte. Das Leben ist schön. Er geht mal auf, mal ab, aber es ist herrlich zu leben, den täglichen Kampf neu zu gewinnen.» Und bei sich dachte er noch: Weine nur, das tut gut.

Und sie lag noch eine Viertelstunde in seinen Armen, bis sie sich gut genug fühlte. Dann ließ er sie allein, während sie sich noch einmal richtig wusch. Er wartete nicht, bis sie herauskam. Was sollte sie mit einem so alten Knacker wie ihm? Außerdem waren die meisten jetzt aufgestanden, die konnten sich viel besser als er um sie kümmern.

Er ging weiter in die ufernächsten Frühstückshalle am anderen Ende des Baues. Es war der schönste Platz in den Gebäuden, fand er. Ungehinderte Sicht nach draußen, ohne zu frieren oder auf die Zeit zu achten, damit man keine zu hohe Strahlendosis durch die dünne Atmosphäre abbekam.

Auch mehr als achtzig Jahre nach dem Verlassen der Erde sehnte er sich zuweilen nach gebratenem Schinken zum Frühstück. Aber hier war alles vegetarisch bis auf das Walfleisch und eigentlich war er damit auch einverstanden. Genauso vermisste er Milch. Die war wirklich nur für Neugeborene, deren Mütter keine oder zuwenig Milch hatten. Dafür gab es neue seltsame fremdartige Gerichte, zum Beispiel dieses leckere fritierte Moos, sein heimliches Lieblingsgericht. Und zum Glück gab es wenigstens Eier vom Schneehuhn, wenn auch nur sehr wenige. Aber er war heute früh dran und hatte sich somit eines gesichert.

Während er auf seinem Hinterteil sitzend und auf den Vorderbeinen stehend halb an seinem Tisch über seinem fast vollständig vernichteten Frühstück saß, da bekam er wieder seine philosophische Stunde, wie er sie beschönigend nannte. Es waren meist recht morbide Gedanken, die dann in seinem Kopf herumspukten. Gerade dachte er mal wieder daran, wer oder was sie waren.

Waren sie noch Menschen? Sie hatten menschenähnliche Oberkörper und menschliche Regungen, war das nicht das wichtigste? Nun, ihre Unterleibe waren Eisbären ähnlich, Platz für die großen Lungen und Muskeln gegen die doppelte Schwerkraft, mit dichtem weißen Fell gegen die Kälte. Und sie sprachen eine Kunstsprache, sie aßen fremdartigste Speisen. Das Ergebnis der Veränderungen durch die Alians, war es noch Mensch?

Indes, auf eine endgültige Antwort führte es nie, höchstens auf eine von der jeweiligen Stimmung abhängende; und obwohl heute seine morbide Neigung wieder recht stark war, entschied er, sie waren Menschen. Zumindest er selber, zumindest heute.

Nach dem Essen brach er dann langsam in das Bildungszentrum auf. Sie, die Sieben, die einmal Menschen waren, sollten die menschlichen Traditionen bewahren. Na gut, ein paar hatte man fast ausgemerzt, die Lügen hatte man stark zurückgedrängt. Auch Geld hatte man abgeschafft. Alles was man brauchte, gab es, mehr oder weniger schnell. Natürlich, perfekt war es noch nicht, aber sie waren wenige genug, um fast perfekt zu sein. Und wenn sie mehr wurden, dann sollte das trotzdem so bleiben.

Deswegen hatten sie sich darauf geeignet, alles was mit Waffen, Verbrechen und Mord zu tun hatte, zu vergessen und nicht zu übersetzen. Selbst die Bibel musste daran glauben. Aber es war richtig, ganz von Null anzufangen, davon waren sie überzeugt. In hundert Jahren waren sie etwas Eigenes. Nur die Musik hatten sie herüberretten können, Lyrik und Prosa hatten erst wieder schwierig wiederentdeckt werden müssen.

 

181.0084, Frost

Es war tiefer Winter, sie hatten viel Schnee, mehr als ein dreiviertel Meter war im Herbst gefallen. Inzwischen war er bretthart und die Luft war zu kalt, als das noch welcher dazukommen konnte. Nun war es kalt, so kalt, dass sich eine Schicht Trockeneis, gefrorenes Kohlendioxid, abgeschneit hatte und sogar liegenblieb.

Obwohl Mittwinter war, so war es anders als auf der Erde: Die Tage waren nicht kurz und dunkel. Die Sonne war nur soviel weiter entfernt. Es war solange hell wie immer, es war freundlich hell draußen, nur bitter kalt.

Morgen würden sie das Mittwinterfest feiern, der Wendepunkt des Jahres. Sie hatten den sonnenfernsten Punkt durchschritten, von jetzt an sollte es wieder wärmer werden. Selbst den absonderlichen Brauch des Weihnachtsbaumes hatten sie hinübergerettet. Natürlich nicht wörtlich, hier gediehen keine Bäume; jedoch in Form eines Zitates: ein geschmückte Steinpyramide.

Es gab nur wenige Plätze, wo man jetzt Steine, noch dazu schöne, herbekommen konnte. Alle waren sie mehr als eine Stunde Galopp entfernt. Doch die Strahlung der Sonne war keine Gefahr, zu schwach war sie, die Kälte war die Gefahr, Gletscherspalten, oder dünne Eislöcher von Wale hinterlassen.

Trotzdem zog es ihn regelmäßig hinaus, mehr noch, da er wegen dieser verdammten Allergie nicht mehr in den Gewächshäusern arbeiten konnte, war er über jeden Dienst an der Gemeinschaft froh. So zog er den dicken Anorak an und vermummte sein Gesicht mit einer Schneebrille. Über seinem Rücken hatte er eine Decke gelegt, doch mehr damit das Tragegestell abgefedert wurden und weniger wegen der Kälte. Selbst sein altes Fell würde ihn noch warm genug halten, wenn er sich bewegte.

Es war Mittag, als er aufbrach. Er lief sofort, sonst würde er frieren. Es war ein gutes Geräusch, die Eisplatten unter den Tatzen klingen zu hören. Wenn man gelernt hatte zuzuhören, dann konnte man den Weg und den Boden unter dem Eis allein an diesem Geräusch erkennen.

Das Eis sang dumpf, wenn der Untergrund felsig war. Da musste man aufpassen. Wurde es der Klang heller, dann war das Meer unter ihm. Das war das beste Eis zum Laufen: eben, ohne Steine und schnell. Gab es klingende Sprünge, dann näherte er sich einer Insel und musste aufpassen. Und gab es diesen unheilvollen Nachhall, dann war das Eis hohl und es war höchsten Vorsicht vonnöten. Es war die Sinfonie des Eises, der Gesang der Winters: monoton, einfach und doch voller Tiefe.

Er lief einen kleinen Umweg, um über dem Meer zu bleiben. Sein Ziel hatte er schon seit einer Viertelstunde vor sich. Es waren die Klippen einer mittelgroßen Insel, fast anderthalb Kilometer im Durchmesser, die dort aus dem Meer ragte. An ihr rieb sich das Eis und zerbröselte das Gestein der Klippen. Hier gab es funkelnde Steine. Er wusste nicht, ob sie wirklich wertvoll waren, es war ihm egal, sie waren schön. Die meisten waren blau, blau in soviel verschiedenen Schattierungen, wie es sonst nur Eis haben konnte. Sie nannten die Steine gefrorene Tränen. Er hatte diesen Hügel mit zwei anderen, sie waren schon lange tot, er gedachte auf dem Weg wieder ihrer, im ersten Mittwinter entdeckt. Vor 85 Jahren, der Ursprung der Mittwinterpyramide: Die Idee einen Haufen Steine zu schmücken.

Von dem Fahrtwind ausgekühlt, ließ er sich Zeit mit der Auswahl. Es gab wieder eine Menge schöner Stücke. Je älter er wurde, desto weniger konnte er mitnehmen; desto wählerischer konnte er aber auch werden. Ihm war immer noch warm, als er endlich wieder aufbrach. Die Atemluft war das einzige, was kühlte: Seine dicke Lederschicht an den Tatzen isolierten ihn gegen den Boden, und Wind oder gar einen Schneesturm konnte es soweit von der Energiequelle Sonne nicht geben.

Er sah wieder über den gefrorenen Ozean, sah den wenigen streifenförmigen Wolken und den mächtigen flackernden Polarlichtern zu. Er hatte sich überlegt, auf seine alten Tage zu den Walhirten zu gehen, um sich trotz seiner Erdallergie nützlich zu machen. Walhirten war eigentlich übertrieben, schließlich kamen die Wale, wie sie diese riesigen Tiere getauft hatten, von ganz alleine aus vielen Kilometern Entfernung zu offenen Wasserstellen. Die Walhirten suchten sich dann ein altes oder krankes Tier und erlegten es. Das größere Problem war es, das Tier auf das Eis und dann zur Station zu schaffen. Das gelang höchstens zehnmal in Jahr. Und die Arbeit war gefährlich, vom Eis aufhacken, über den Kampf, bis zu Bergung. Im Wasser hatte man vielleicht zwei Minuten, dann musste man sich trocknen, sonst war man verloren. Letztes Jahr hatten sechs Walhirten für die Fänge mit dem Tode bezahlt. Dennoch, es gab so viele Abenteuerlustige, dass nur wenige von ihnen als Walhirten nach strengen Prüfungen zugelassen wurden. Es war ein Hirngespenst von ihm, Walhirte werden zu wollen. Und außerdem, so musste er sich eingestehen, war seine innere Wärme nicht mehr ausreichend.

Ja, ihm wurde langsam kühl. Die Steine waren ja zusammen, so machte er sich auf den Heimweg. Es war unmöglich, sich zu verlaufen, die Spuren in der festen Schneeschicht würden auch noch in einer Woche deutlich zu sehen sein. Unbekümmert rannte er los, er kannte ja den Weg gut.

Die Station war auch weit zu sehen, schon hinter dem Horizont durch die Dunstwolke, die dort das Sonnenlicht streute. Der Himmel war schwarzblau, dunkler als jedes Eis und jetzt, am späten Nachmittag, konnte man schon einzelne Sterne erkennen, wenn man wusste, wo sie standen. Nur ein Mond fehlte, Frost hatte nicht einmal einen kleinen, ein weiterer Hinweis auf die Kollision, die sich ereignet haben musste, als das Sonnensystem zwar jung, aber eigentlich schon fertig gewesen war.

Plötzlich veränderte sich der Klang der Eises unter seinen Tatzen. Es musste an dem zusätzlichen Gewicht liegen. Vielleicht hatte er auf dem Hinweg auch ein anderes Tempo, einen anderen Rhythmus. Das Eis war so spröde bei diesen Temperaturen, wenn es brach, dann bröselte es förmlich auseinander, also verschwendete er keinen Gedanken daran, weshalb es bröckelte. Er machte einen weiten Satz, so das eben bei dieser Schwerkraft möglich war und landete wie geplant auf dem Strand der Insel, auf der auch die Station lag. Doch auch hier lag das Eis hohl und gab unter ihm nach, obwohl es auf dem Hinweg fest geklungen hatte. Ohne Vorwarnung konnte er nichts tun, er kam brutal zum Fall.

Vor Schreck und Schmerz betäubt blieb er einige Sekunden liegen. Dann regte sich das Gehirn und er versuchte aufzustehen, bevor das Eis unter seiner Körperwärme schmolz und die Wärme unerbittlich aus seinem Körper saugen würde. Doch sein rechtes Vorderbein schmerzte fürchterlich. Er konnte es nicht gebrauchen. Mühsam humpelte er das kurze Stück zur Station. War er noch auf seine alten Tage leichtsinnig geworden? Doch er konnte sich nichts vorwerfen außer Pech, natürliches Pech.

Die Wärme der Station umschmeichelte ihn. Keine Kohlendioxidflocken beim Ausatmen, die die Sicht trübten, wenn man reglos stehen blieb. Die Luft war auch nicht mehr so schrecklich trocken. Ja, er war empfindlich geworden, er hatte die ganze Zeit draußen gekeucht, ohne es zu merken.

Er klingelte nach einem Medizinroboter. Doch noch bevor dieser eintraf, standen fünf, zehn Leute um ihm herum, besahen sich sein Vorderbein. Alle schwiegen anteilsvoll, nahmen das Tragegestell mit den Steinen ab. Er humpelte der medizinischen Abteilung entgegen.

Zwei nahmen ihn zwischen die Schulter, so dass er nur noch auf den gesunden Hinterbeinen stand. So ging es gut bis zum Bett. Jetzt, wo er lag kehrte der Schmerz erst so recht in sein Bewusstsein zurück. Gab es selbst in dieser Gestalt, künstlich wie sie waren, primitive Fluchtinstinkte? Waren sie doch nur Tiere? Über solchen ablenkenden, abschweifenden Gedanken verlor er das Bewusstsein, um es eine halbe Stunde später wiederzufinden. Das Bein war geschient und scheinbar betäubt. Nicht einmal die Berührung der Krallen spürte er. Er konnte es problemlos benutzen und der Roboter erlaubte es auch. Trotzdem ging er vorsichtig in die große Halle.

Man hatte sie reichlich geschmückt, reichlich in dem Sinn, dass man alles, was man hatte, dazu aufgeboten hatte, auch wenn es wenig war. Außer ihm konnten noch sechs andere vergleichen, der Rest war naiv und deshalb stolz. Aber als er das Arrangement der Steine sah, die er zusammengetragen hatte, da erfüllte auch ihn der Stolz und zugleich der stille Frieden der Weihnacht, aber keinem Gott sondern ihnen selbst und dem Leben geweiht.

Ketten aus Steinen der letzen Mittwinterfeiern hingen an den Geländern und von dem Kran herunter. Man hatte sogar einige Papiergirlanden angefertigt. Einige grüne Blätter von Unkraut waren an den Geländern befestigt. Alle Instrumente waren hergebracht worden und an der Fensterseite standen viele Tische mit einem wundervollen Essen. Damit begann der Abend, bis auch der Letzte erst einmal satt war.

Sie sangen einige Weihnachtslieder mit anderen Texten, selbstverständlich und andere. Auch wenn Weihnachten unbekannt war, so war doch die Stimmung vom inneren Wesen von Weihnachten kaum entfernt. Liebende und andere machten sich an diesem Tag Geschenke, manchen auch an alle, so ging keiner leer aus. Viele Freundschaften für das Leben wurden heute gefunden und geschlossen. Kein Wunder, dass in gut 250 Tagen die meisten Geburtstag hatten.

Sie tanzten ihre eigenen Tänze. Keine anderen hätten auch gepasst, aber ein uneingeweihter Alian hätte diese Tänze schon für uralte Folklore gehalten und nicht für die ersten schüchternen Versuche in dieser Kunst der seltsamen Vierbeiner.

Er konnte sich mit seinem kaputten Fuß nicht beteiligen. Dafür spielte er mit Flöte und Gitarre. In der dünnen Luft war selbst eine Querflöte ein leises Instrument, auch wenn sie den Durchmesser eines Abflussrohres hatte (woraus sie tatsächlich gefertigt war).

Auch Trommeln klangen schwach. Nur das Gitarrespielen war eine Lust. Wenn man es gut konnte (und er bildete es sich zumindest ein), dann klang es fast wie auf einer Harfe: Die Töne sangen und klangen lange nach.

Es war weit nach Mitternacht, als sie herausgingen. Der Pulsar würde hoch am Himmel stehen, zusammen mit dem Nebel. Ein kleines Stück von der hingekauerten Station entfernt war der Himmel einmalig klar. Und unter dem blinkenden Pulsar und dem Nebel und der ganzen weiten Pracht der Milchstraße begann er, wie es schon Tradition war, mit der Weihnachtsgeschichte in einer adaptierten Fassung.

«Vor grauer Vorzeit, uns durch die Abgründe von Zeit, Raum und Wissen weit entfernt auf einem anderen Planeten, da gab es soviele Leute, das ein großer Verband von Kommunen den Überblick verlor. Schließlich rief man dazu auf, dass jeder dorthin ginge, wo er geboren war, um dort zu sagen, wo er jetzt lebte, um die Übersicht wiederzugewinnen.

Es war Mittwinter, als dieser Vorschlag überall bekanntgemacht wurde. Es war einer der schlimmsten Winter seit langem, ein Sturm wütete über das Land; natürlich folgten die Leute dem Vorschlag, doch führte es zu einigen Problemen. Ein Paar, das schwanger war, bekam keine Unterkunft mehr in der Kommune, nur im Gewächshaus war noch etwas frei. Dort brachte die Frau das Kind zur Welt und legte es auf den grünen Rasen und stillte es.

Weit draußen auf dem Meer waren Walhirten am Rande ihres Wasserloches. Und kurz nach Mitternacht begann ein gewaltiges Polarlicht. Es war herrlich anzusehen und sie sahen lange hinein, so lange bis ihr Geist auf eine Reise ging. Als sie zurückkamen, da hatten sie alle das selbe gehört: Ein Kind, anders als die anderen, ein Zeichen der Verbundenheit zwischen Menschen und Natur war geboren worden. Und weit im Osten reichte das Nordlicht weit herunter und berührte fast den Grund. Man sah es sich auf dem Eis spiegeln.

Und auch drei Gelehrte hatte die Zeichen der Natur in diesem Herbst und Winter gelesen, eine Kunst die in der Zeit verloren ging. Und sie erkannten auch die Zeichen, als sie sie sahen. Ein Knabe sollte geboren werden, der das Wissen der Natur wieder an die Menschen gab, die so vieles vergaßen, als sie sich aus der Geschichte erhoben hatten.

Und die drei Weisen folgten den Zeichen. Sie trampten auf Booten und liehen sich schließlich am Mittwintervorabend eines aus. Als sie das Nordlicht sahen, da hielten sie darauf zu. Und tatsächlich fanden sie im Gewächshaus den Knaben. Als Geschenk hatten sie jeder drei Samen von seltenen, fast vergessenen Pflanzen.

Und der Knabe wuchs heran und verkündete seine Weisheiten. Viele waren taub und wollten sie nicht hören. ,,Siehst du unsere Erträge? Sie sind hoch, höher als bei vielen anderen Kommunen. Warum sollten wir das ändern?" Manchen aber hörten auf ihn und erkannten die Wahrheit in seinen Ideen. Es waren vierzig Getreue, als er starb. Er starb am gebrochenen Herzen, an der Dummheit der anderen, an der Ignoranz, der Unfähigkeit der anderen, ihre eigene Position kritisch zu überdenken. Doch mit seinem Tod wurden die Ideen bekannter und begannen sich durchzusetzen. Denn am Ort seines Todes, wo sie ihn vergraben hatten, da sprossen drei seltene, fast vergessenen Pflanzen. Doch das ist eine andere Geschichte.»

Langes Schweigen breitete sich aus. Es war kalt, und so schön auch der Sternenhimmel war, nach einem Gedanken an die einsamen Walhirten weit draußen im irgendwo der Meere gingen sie wieder langsam hinein, einer nach dem anderen.

 

321.0084, Frost

Heute Mittag hatte das Thermometer zum ersten Mal den Gefrierpunkt überschritten. Jeder, der konnte, tollte draußen herum, sogar eine Mutter mit zwei Neugeborenen, vielleicht vierzig Tag alt. Das waren die Augenblicke für die es zu leben lohnte.

Als er zum Mittagessen ging, da schlang er es in sich hinein und lief, so schnell er konnte, zu seinem Spind und holte die guten alten Lederriemen von der Erde heraus. Er hatte sie von den Alians mitnehmen lassen. Hier hatte er sie dann mit den reichlichen Goldnieten verziert. Es dauerte fast eine halbe Stunde, diese anzulegen, doch gehörten sie einfach zu diesem Festtag dazu. Oben herum trug er einen kurzen Pullover, er wollte nicht schwitzen, wenn er lief, obwohl er mit dem schmerzenden Vorderlauf eh nicht rennen würde.

Draußen war inzwischen jeder auf seinen Beinen, es war die beste Zeit des Jahres: Das UV und die Röntgenstrahlung waren erst am anschwellen und die Eisebenen noch gefroren; aber es war schon merklich wärmer, fast angenehm. In fünf Tagen durfte man dann nur noch eine Stunde draußen sein, so stark war dann die Strahlung, die Sonne war dann so grell, dass man ein Sonnenbrille brauchte. Heute indes war dies alles noch nicht nötig und so sammelten sie sich draußen.

Dann strömten sie aus, auf der Suche nach der Frühlingsorchidee. Diese würde nur heute blühen. Jeder hatte seine geheimen Winkel, in die er sah. Das war früher nur für die Jungendlichen. Doch er hatte schon 84 mal dieses Ritual durchlaufen und war nicht mehr so springlebendig und jung. Dennoch machte auch er sich auf und lief, langsam wegen seines Vorderlaufes, in Richtung des höchsten Hügels der Insel.

Drei Hügel gab es. Sie waren alle flach und sanft gewellt. Man hatte sie Pamir, Everest und Blanc getauft. Er stand auf dem Everest, vierzig Meter über dem alles bedeckenden Meer. Diese Luft hatte den Dreck aus seinem Körper genommen, sie war einfach ein Wunder, jeden Tag neu. Heute Nacht würden sie Neujahr feiern.

Von hier oben sah er sie alle über die Insel wuseln. Dann drehte er sich in Gegenrichtung. Hier war noch viel Platz. Sie sollten mal endlich einen Ableger gründen.

Weit entfernt glaubte er Walhirten zu sehen. Den Winter draußen zu erleben, ein ebenso faszinierender wie erschreckender Gedanke. Aber wenn er heute darüber nachdachte, das schlimmste musste die Einsamkeit und die Langweile sein. Man war zwar zu zweit, aber in einem Winter hatte man sich sicher alles gesagt. Zum Glück war er schon zu alt, das sagte er sich jetzt.

Während er langsam Richtung Meer trabte, da fiel ihm plötzlich in andersfarbiger Stein auf. Er stoppte abrupt und sah die Sache sich genauer an. Es war tatsächlich eine Frühlingsorchidee, die da im Schutze eines anderen Steines blühte. Noch nie hatte er eine gefunden, aber heute, wo er sie nicht gesucht hatte. Wenn das kein Zeichen war! <Neapel sehen und sterben!>, huschte ein merkwürdiger Gedanke durch seinen Kopf.

So schnell eben er konnte, lief er herunter und rief es den anderen zu. Ansonsten schien niemand Glück gehabt zu haben. Er führte sie zu der Stelle und sie standen andächtig um die Orchidee herum. Natürlich war es keine echte Orchidee und sie blühte auch nicht; das war auf einer Welt mit wenig Wind und ohne Insekten sinnlos. Aber das erste Blatt, das sie bildete war grün-gelb gescheckt, auch wenn der Rest der Pflanze rostrot war. Morgen hätte auch dieses Blatt diese rostrote Färbung.

Aber daran dachten sie nicht, sondern sie freuten sich einfach kindisch. Akkordeon, Gitarre und Flöte wurden geholt und sie begannen zu tanzen, immer um die Blume herum, bis es dunkel wurde.

Die Dosimeterablesung am Abend verbot ihm, in der nächsten Woche ins Freie zu gehen. Er würde es ignorieren, bis unheilbarer Krebs bei ihm ausbrach, würde er eh tot sein. Und Kinder würde er wohl auch keine mehr zeugen, sein Erbgut war egal. Mochten die Vorschriften sagen was sie wollte: Der Frühling war da!

 

022.0084, Frost

Es war Sommer. Draußen schmolz die noch wenige Zentimeter dünne Schneedecke ganz und aus dem grauen Boden sprossen die Pflanzen empor, die so lange darauf gewartet hatten. Das weißgraue, kontrastarme Land wurde bunter mit einigen Farbtupfern: rot, gelb und vereinzelt sogar grün. Blau sah man nicht, nur Eis und Meer waren blau.

Leider konnte er das alles nur noch mit Medikamenten erdulden; sein Bein wollte nicht mehr richtig zusammenheilen, auch das Gelenk hatte etwas abbekommen und das Rheuma war schlimmer geworden. Aber noch konnte er es betäuben und das Leben genießen.

Es war die schönste Zeit des Jahres und als hätten sie es gewusst, kam Besuch. Nicht von den Alians, die sich immer über Funk meldeten und öfters neue Pflanzen und Erfindungen vorbeibrachten und auch sonst nach dem Rechten sahen. Nein, es waren Menschen.

Und da er der Älteste von ihnen war und er auch noch einigermaßen fließend Englisch sprach, so meinten die anderen jedenfalls, musste er an das Funkgerät. Doch er wurde enttäuscht, nur ein Computer meldete sich am anderen Ende. Immerhin sprach er von einem Passagier. Er wies dem Schiff die üblichen Landekoordinaten zu und sie machten ein Luftkissenboot startklar, die schnellste Möglichkeit bei den wechselnden Bodenbedeckungen vorwärts zu kommen.

Der Landeplatz lag auf einer anderen Insel knapp 50 Kilometer entfernt. Den Ritt auf der Ladefläche des Bootes genoss er sehr, es war angenehm warm, bestimmt 10 Kelvin über dem Gefrierpunkt. Die Sonne stand hoch am Himmel und der Dunst kündetet vom beginnenden Hochsommer. Die Felder von Blumen, immer große Felder in verschieden Farben, wechselten mit Eisschollen, die auf grünem und gelben Meerwasser trieben.

Bald sahen sie das Schiff. Es war klein, sehr klein. Die Rampe begann sich gerade zu öffnen, als sie mit anlandeten. Er sprang vom Boot und wäre fast in den Schlamm gefallen. Er rappelte sich auf und biss die Zähne zusammen, den heftigen Schmerz im Vorderlauf ignorierend.

Die kleine Rampe war jetzt ganz offen. Ein Mensch torkelte mehr als das er lief, stolperte mit einer Halbmaske und dicken Sachen die Treppe herunter. Seine beiden Begleiter, hier geboren, waren wie gefesselt. Er dagegen sprang auf den Menschen zu und fasste ihn kurz bevor er fiel. Er war erstaunt, wie klein und leicht der Mensch war, wie leicht er selber einmal gewesen sein musste.

Kaum hielt er ihn fest, da verlor der Mensch das Bewusstsein. Schnell legte er ihn in den Medizinsarg, den sie vorsichtshalber mitgenommen hatten und ließ den Roboter arbeiten. Endlich erwachten auch seine Begleiter wieder zum Leben. Sie waren schockiert über die Gestalt ihrer Väter, die sie nur von Bildern her kannten. Die Realität war halt immer etwas Anderes.

Dann folgten sie wieder der Routine und sicherten das Schiff und unterzogen es und auch sich selber der üblichen Desinfektion. Nicht auszudenken, was ein Grippevirus hier anrichten konnte ...

Der Medizinroboter im Sarg war ungewöhnlich heftig am arbeiten. Der Mensch sah aber auch ungewöhnlich mitgenommen aus, so er das sagen konnte. Er blieb neben ihm auf der Laderampe, während sie vorsichtig zurückflogen.

Zu Hause angekommen trugen sie ihn in den Empfangsraum für menschliche Besucher, den man ganz am Anfang einmal eingerichtet hatte und der noch nie benutzt worden war. Es war zu warm und zu feucht und es war zuviel Sauerstoff dort. Die Luft brannte und schmerzte. War es auf der Erde wirklich so schrecklich gewesen?

Der medizinische Ausdruck sagte, dass er in vier Stunden wieder aufwachen würde. Also ging er ins Archiv und sah sich in uralten Dokumenten die ,,Regeln für menschliche Besuche" an. Dort sah er nach, ob er etwas vergessen hätte, das war aber nicht der Fall, also zog er seine besten Sachen an, legte sich sogar das Geschirr aus Riemen an und wartete er auf das Erwachen des Gastes.

Bald regte sich der Gast und er betrat das Zimmer. Es war schrecklich warm und der viele Sauerstoff brannte in seiner Lunge. Er machte, wie verordnet, nur ganz flache Atemzüge. Endlich öffnete der Gast die Augen.

«Willkommen auf Frost. Ich bin Pravlak.»

Der Gast ächzte leise. «Ich bin Jeremias Kresnik. Helfen Sie mir auf den Sessel, bitte.»

Nach einem Moment der Übersetzung hob er Jeremias in den bequemen Sessel. Er war immer wieder überrascht, wie leicht er doch war. Dort fühlte sich Jeremias viel besser und gewann etwas an Farbe.

«Wissen Sie, sie sind eigentlich keine Menschen mehr!»

«Das sage ich mir auch an allen ungeraden Tagen.»

«Die Erde hasst die Alians, weil sie ihnen dies angetan haben. Deswegen hat sie dieses Raumschiff gekauft.»

Er verstand die Bedeutung der Worte, nur der Sinn wollte ihr nicht aufgehen. So ging es ihm nach jedem Satz, das Gespräch hatte viele Pausen. «Ich verstehe nicht, wieso?»

«Die Alians haben euch absichtlich diesen Planeten gegeben. Es war ihr Planet vorher und sie haben euch ihre alte Gestalt gegeben.»

«Ich fühle mich gut. Aber dies war nicht die Gestalt der Alians, dass wissen wir genau. Sonst hätten sie den Planeten selber besiedelt. Warum kauft die Erde ein Schiff, von den Alians, wenn sie uns wegen -- nein, wenn sie sie wegen uns hasst? Das ist sehr verwirrend.»

«Ach, vergessen sie's erstmal. Ich habe Hunger.»

Also brachte er ihm zu essen und ließ ihn sich ausruhen, von der mörderischen Schwerkraft, wie der Mensch sagte. Na gut, sie war doppelt so hoch wie auf der Erde. Aber mörderisch?

Am nächsten Tag ging es dem Menschen Jeremias sichtlich besser. Als er die Unterkunft betrat, da merkte er, dass sie die Heizung schon etwas gedrosselt und ein kleines bisschen weniger Sauerstoff in der Luft war. Zur Not erträglich, dachte er. Den Jungen, der während der letzten Stunde bei Jeremias war, schickte er hinaus.

Jeremias war dem Geräusch nach unter der Dusche. Endlich war er fertig und kam aus dem Bad. Er stützte sich zwar auf die Tür und mühte sich bis zum Bett, aber er brauchte keine Hilfe mehr.

Als er das alles vollbracht hatte, sprach er endlich mit ihm. «Ich fühle mich erstaunlich gut. Wahrscheinlich merkt mein Körper, dass ich demnächst sterbe, und schüttet Endorphine aus. Egal, jetzt kann ich es eh sagen. Es war eine Himmelfahrtsmission. Ich bin schwerkrank, Leberkrebs mit Metastasen und deswegen hat man mich mit diversen tödlichen Krankheiten infiziert und hierher geschickt. Gegen meinen Willen, ich wusste von nichts, ich hatte nur einen Vertrag über gute Beziehungen. Ich habe ihn immer noch dort in meiner Tasche. Lesen Sie ihn sich durch, dann wissen sie, dass wenigstens ich gute Absichten hatte.»

Er gab Jeremias die Tasche und dieser kramte die entsprechenden Dokumente heraus und gab sie ihm. Langsam las er sie, zumindest versuchte er es ehrlich.

«Weißt du, für die meisten Worte gibt es gar keine Entsprechung in unserer Sprache. Geschäfte, Abkommen und Regierung sind in dem Sinn, wie sie hier gebraucht werden, völlig unbekannt. Ach ja, was deine Krankheiten angeht, so bist du natürlich geheilt. Unsere Ausrüstung schloss Medizinroboter ein. Ich habe hier einen Ausdruck. Du hattest äh, Leberkrebs mit Metastasen in Lunge und Darm, Pocken, Masern und zwei unbekannte Viren. Dazu ein chronisches Rückenleiden und Schwerhörigkeit auf dem rechten Ohr. Alles zu mehr als 70 % geheilt. Hier ein Ausdruck auf Englisch.»

Das Gesicht Jeremias war völlig verwandelt. «Zeig her!» Zitternd streckte er seine Hand aus.

Er reichte ihm den Ausdruck. «Aber ihr müsst doch selber Medizinroboter haben, wenigstens einige.»

Er schüttelte immer noch den Kopf. «Mein Arzt bezeichnete den Krebs wörtlich als: in diesem Stadium unheilbar. Was steht da? Lebenserwartung 135±15 Jahre.»

«Ja, aber das ist ziemlich ungenau. Weißt du, ich bin -- hörst du zu?»

«Heißt das, ich habe noch 85 Jahre vor mir?»

«Natürlich, oder mehr. Hier steht doch Herz 84 % Lunge >80 % Ich bin fast 150, obwohl der Roboter sagte, ich werde 130.»

Jeremias schrie und jubelte. Endlich hatte er sich wieder beruhigt. «Und das enthalten sie uns vor, diese Alians!»

«Ich glaube kaum, warum sollten sie das tun. Auf diese Idee können nur Menschen kommen.»

Jeremias sah ihn verdutzt an. «Du meinst, wenn sie bereit sind, mich zu opfern ... » Er dachte nach.

Als Jeremias auch nach zwei Minuten nichts gesagt hatte, drängte er ihn: «Soll ich nun die Papiere unterzeichnen oder nicht? Sie sind ja alle recht freundlich geschrieben.»

Jeremias war geistesabwesend. «Die Papiere sind in Ordnung, völlig. Ich sollte ja die Vernichtung sein. Hätte ich das nicht erfahren, als ich am Hauptcomputer rumgehackt hatte, meine Mission wäre für mich nur die Unterschrift gewesen.»

Vorsichtig setzte er, Pravlak, seine Unterschrift unter die Dokumente und schlich sich mit ihnen aus dem Raum, um Jeremias nicht zu stören. Außerdem konnte er nur mühsam ein Husten zurückhalten. Draußen wartete wieder die freundliche frostige Luft dieser Welt.

Er zog sich in die Bibliothek zurück und übersetzte die drei Seiten so gut es ging, strich einen einzigen Satz aus und kam zurück.

Jeremias schreckte hoch. Er war eingeschlafen. «Leg sie da auf den Tisch. Ich habe überlegt, ich muss zurück. Hier kann ich nicht leben. Sterbe ich, so wie es vorgesehen war, dann startet das Schiff und die Menschheit geht davon aus, dass ihr vernichtet seid. Fahre ich mit dem Schiff zurück, dann merkt die Menschheit, dass ihr noch lebt und schickt dann eine Bombe hoch.»

«Das dauert über sechzig Jahre. Hier sind die Papiere. Ein Bombe ist doch keine gutnachbarliche Beziehung, wie es hier steht.»

Jeremias lachte. «Natürlich nicht. Doch wohl eher das Gegenteil.»

«Aber was tust du dann?»

«Ich? Ihr könntet mich umbringen.»

«Niemand kann das hier. Höchstens du selbst. Es ist deine Entscheidung.»

«Das Schiff muss denken, ich sterbe. Also kann ich mit dem Schiff nicht zurück. Damit das Schiff merkt, wann ich tot bin, habe ich einen Sender, der alle Lebenszeichen überträgt. Und wenn ich sehr lange hier bleibe, dann sterbe ich eh an Einsamkeit und Schwerkraft.»

«Dann musst du mit einem der Alianschiffe zurück. Oder wir passen dich an.»

«Nein, ich will zurück, will den Menschen diese Medizinmaschinen geben. Wie oft kommen Alians vorbei?»

«Jedes Jahr, wenn es wieder zu frieren beginnt. Sie nehmen eine Alge als Vorprodukt für Medikamente mit.»

«Wann ist das?»

«In vierzig Tagen, etwa.»

«Das halte ich durch oder? Aber vorher muss ich überzeugend sterben, damit das Schiff verschwindet.»

 

068.0084, Frost

Er saß mit in dem abgeschirmten Raum. Er war nur zugelassener Statist. Das junge Mädchen, besser gesagt die junge Mutter, die er im Winter vor dem Selbstmord bewahrt hatte, wie hieß sie doch gleich, sie war die Beste in Elektronik -- sie hatte also den herausoperierten Empfänger in der Hand. Sie analysierte seine Telemetrie, etwas wovon er keine Ahnung hatte.

Ein größeres Problem war den Grund für diese Aktion zu liefern. Er wollte nichts von einer Bombe erwähnen, auch hätte es niemand verstanden. Und auch das Lügen gelang ihm nur mit starken Gewissensbissen. Schließlich hatte er erzählt, dass Jeremias das wertvolle Schiff schon einmal vorschicken wollte und stattdessen mit den Alians fliegen wollte. Es war fast die Wahrheit.

«Kein Problem.», sagte sie. Und auf dem Bildschirm erschienen verschiedene Kurven: «Wach, bei der Arbeit und schlafend. Ich werde die jeweiligen Trends einfach verstärken.» Und plötzlich wurden die Kurven immer flacher, erst als ob er schlief. Doch dann fielen sie weiter und schließlich waren nur noch horizontale Linien zu sehen. Sie jagte diese Sequenzen über eine Antenne nach draußen.

Und das Schiff mit den wertlosen aber unterschriebenen Verträgen startete.

Kaum hatte es das System verlassen, kamen die Alians und landeten, als hätten sie darauf gelauert, was sie wahrscheinlich sogar getan hatten. Vielleicht wussten sie sogar mehr von der ganzen Sache als sie, aber wie immer hielten sie sich vornehm zurück.

Das Schiff starte mit Jeremias, dem einzigen Menschen, der je die Kolonie besucht hatte. Einen nächsten Besuch würden er nicht mehr erleben, das war ihm klar. Und während die anderen noch dem Schiff nachsahen, lief er immer weiter von der Station weg, weiter und weiter bis die Nacht kam. Nun wurde es tückisch, der Schlamm war noch nicht fest, unterschied sich aber bei diesem Licht nicht von festem Boden.

Da sah er eine fremde Gestalt. Vorsichtig lief er auf sie zu. Zuerst dachte er, es wäre das Boot eines Walhirten. Doch das konnte nicht sein. Es war eine unbekannte Gestalt. Langsam wurde aus der Gestalt mehr als eine Silhouette. Es war eine ungewöhnlich farbige Gestalt. Sie war kleiner als er selber, aber nicht viel, vielleicht zwei-zehn. Sie war zweifüßig und hatte einen dicken Schwanz mit rotem Fell. Die Sachen, die diese Gestalt trug, waren schreiend bunt: rot und gelb, türkis und purpurn, braun und orange, rot und blau, violett und schwarz, als fürchtete sie das reine Weiß. Es war ziemlich unpassend.

Als er ganz nahe heran war, drehte sie die Gestalt um. Er wäre fast gestürzt. Das Gesicht war aus der alten irdischen Mythologie. Es war rot, ohne Fell und humanoid. Zwei schwarze breite Hörner wölbten sich aus den Schläfen. An den Händen waren Klauen.

Die Gestalt öffnete ihren Mund und man sah zwei gewaltige Fangzähne blitzten. «Willkommen Pravlak. Du erkennst mich?»

Es war eine kurze Pause. Er keuchte heftig. «Du bist einer der Alians.»

«Ja. Und ich bin ein Archetyp, ein irdisches Trauma. Aber nicht mehr hier.»

«Hier seid ihr Götter, wenn wir welche vorgesehen hätten.»

«Ja. Willkommen bei uns. Ich will dir etwas erzählen. Du erinnerst dich an die Geschichte der Menschen? Es hat Rückschläge gegeben, ihr seid der letzte Versuch, die Kultur der Menschheit zu bewahren. Erst hatten wir den Menschen ein Paradies gegeben, doch sie entdeckten wieder den Geschmack von Fleisch. Dann haben wir nur ganz wenige Menschen ausgewählt, um so eine bessere Menschheit zu bauen. Das ist vorbei, die Menschen werden sich bald selber ausrotten. Aber ihr, ihr seid willkommen.»

Der Alian hielt ihn sanft, während Pravlaks Körper leise in den Matsch sank und nun erst die Größe des Betruges und des Verbrechens der Alians sah und verstand, selbst wenn sie es gut gemeint hatten. Und zum Glück verstand er auch nicht das Wort, was der Alian nach einiger Zeit murmelte: «Hoffentlich»


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