Außenseiter von Markus Pristovsek


Marik betrat wieder die Station. Fast ein halbes Jahr war er nicht mehr im All gewesen. Jigra war auf den Planeten befördert worden. Er hatte sie begleitet. Es war hart gewesen, allein die Schwerkraft betrug auf dem Planeten 1,4. Und er hatte nichts zu tun, keine richtige Arbeit jedenfalls. Er konnte sich um seinen Körper kümmern, wie es von einem Kater erwartet wurde; nun, die Stunden in den Fitnessstudios hatten ihre Spuren hinterlassen: eine Spitzenkondition und er war bestimmt doppelt so stark wie bei seiner Ankunft. Sein menschlicher Körper schien auf das Training und die ganzen Dinger, die Kater eben so schluckten, viel besser angesprochen zu haben. Er war dadurch stärker als die meisten Kater; und sein langer Schwanz, er war leider länger noch als seine Beine, war ein Sexsymbol unter Katzen. Auch war er größer als die meisten Kater. Eindeutig/zweideutige Angebote bekam er jeden Tag; doch er war und blieb ein totaler Außenseiter, da unten viel mehr noch als auf der Station.

Er brauchte einfach Schwerelosigkeit von Zeit zu Zeit, selbst wenn ihm davon schlecht wurde. Darin erging es ihm nicht anders, wie schon vor Urzeiten den Kapitänen auf den alten Segelschiffen, die, auch wenn sie schon vom Anblick einer Pfütze Seekrank wurden, doch wieder und wieder auf das Meer hinaus fuhren. Außerdem kam er mit Katzen einfach nicht klar, sie wollten von ihm nur Sex. Ansonsten zeugten einige Narben von verlorenen Streiten. Jigra war eine Ausnahme, doch selbst mit ihr hatte er sich am Ende gestritten. Vielleicht lag es an ihm; er hatte schon die Neigung, sich schnell zu streiten. Aber so wie sich die Katzen isolierten, vermutete er eine kollektive Paranoia.

Doch eigentlich waren das eher Symtome: Er brauchte endlich Anerkennung, nicht als Sexsymbol, sondern für eine richtige Arbeit. Er war nicht dafür geschaffen, den lieben Tag in einem Fitnessstudio zu verbringen, er brauchte Freiheit! Verdammt, er brauchte den Geruch von verbrauchter, zig-fach wiederverwerteter Luft. Das sanfte Beben, das jedes Mal mit dem Feuern der Korrekturdüsen durch den Boden des Transfershuttles lief, verlieh ihm eine Gänsehaut.

Schnurstracks lief er zum Arbeitsbüro. Vielleicht hatte ja die Samul-Familie seinen Namen von den schwarzen Listen gestrichen. Vielleicht suchte auch wer anderes einen Piloten. Als Passagier konnte er nicht reisen, dazu reichte sein Etat keinesfalls, in zwei Wochen wäre er eh mal wieder pleite. Verdammt, andere Piloten sind mit siebzehn schon reich oder sind wenigstens fest angestellt, aber so wie es bei ihm lief, würde er wahrscheinlich eher mit einem ausgemusterten Schiff im Limbo hängen bleiben, als dass er überhaupt je reich werden würde.

Natürlich gab es keine Arbeit für ihn. Also begann jetzt der aufwendigere Teil: Gerüchte streuen. Nebenbei konnte er vielleicht gegen eine Geschichte das eine oder andere Mittagessen ergattern.

Das Krartra war recht leer. Doch es war der richtige Ort, nicht zu teuer, denn sonst würden keine Raumfahrer kommen; aber auch nicht zu billig. Er bestellte sich die kleine Kranta-Platte mit Milchsuppe und setzte sich in eine Ecke mit Blick nach draußen. Wenn er nicht dort saß, dann lief er durch die Station und kletterte durch enge Gänge, um nicht gleich die ganze Kondition zu verlieren. Und wenn es ganz schlimm lief, nun dann musste er eben tun, was Kater tun konnten ...

Nach zehn Tagen hatte die Zahl derartiger Offerten stark abgenommen. Jetzt saß er oft stundenlang allein in der Ecke bei dem Bullauge. Leider kannte er nur noch zwei Katzen aus der Zeit seiner Ankunft; die Katzenstation wies eine noch stärkere Fluktuation als eine normale Station auf. So hatte er nicht einmal ein richtiges Publikum für seine Geschichten, höchstens ein Essen von ein paar betrunkenen Katzen konnte er so bekommen.

Er saß auf einer Matratze am Fenster, schräg an die Wand gelehnt, das linke Bein untergeschlagen, den Schwanz über das rechte gelegt und sah einfach nur nach draußen. Es war Nacht auf der Station, er wartete auf die Zeit, wenn das Essen wieder etwas billiger wurde. Ein Schiff löste sich aus einer Bucht in der Nähe. Es trieb langsam von der Station, während die kleinen grellweißen Stichflammen der Korrekturtriebwerke den Hauptantrieb von der Station weg manövrierten. Er hörte, wie eine andere Katze an das Fenster trat, drehte sich aber nicht um. Dann zündete das Schiff das Haupttriebwerk und das grellweiße Licht erhellte das Kranta, so dass es außer absoluter Helligkeit nur totale Finsternis gab. Er blinzelte, als sich die Scheibe verdunkelte und wieder normale Verhältnisse herstellte. Verdammt, das hätte sein Schiff sein sollen!

«Hey Marik. Ich wusste gar nicht, dass du hier bist!»

Er hatte die Katze ganz vergessen. Er musste eine Sekunde warten, bis er sie einordnen konnte: «He Kira! Wie laufen die Geschäfte?» Er war ehrlich froh, wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen. Auch wenn es Kira war.

Sie legte die Ohren an. «Schlecht. Ich bin die Sagan los. Meine Tante hat sie mir für Sechstausend wieder abgenommen. Wie geht es dir?»

Das überraschte ihn. Wie konnte sie es sich nur so verscherzt haben? Aber sein Mitleid hielt sich in Grenzen, schließlich saß er ja wegen ihr hier fest. «Ganz gut. Ich war ein gutes halbes Jahr auf dem Planeten. Zusammen mit einer Wache. Aber ich habe mich verkracht. Hast du einen Flug für mich?»

«Darin scheinst du gut zu sein.» Sie nahm sich einen Hocker. «Du siehst blendend aus, kräftiger und nicht mehr so käsig. Der Planet hat dir gut getan. Und du hast sogar einen Schwanz!»

Er zuckte mit den Schultern, die einzige Art, wie er Verachtung andeuten konnte, denn Katzen verstanden diese Geste nicht. Dann stand er auf, damit sie ihn betrachten konnte. Es war ein Reflex, Katzen prügelten ihn, wenn er nicht gehorchte. «Hättest du mich nicht auf die Station gesetzt ... Egal, ich hab mich dran gewöhnt. Und, fliegst du noch?»

«Aber er ist wirklich schön, dein Schwanz, mehr noch» Als sie sein Gesicht sah, unterbrach sie sich. Vielleicht hätte sie genug von den Außenseitern gelernt, um es zu deuten. Dann zögerte sie einen Moment. Ihre Ohren senkten sich noch weiter. «Nein. Meine Tante hat mir zwar Arbeit in der Flugleitzentrale versprochen. Aber ich muss hinaus. Ich hatte mir eine Schaumstoffunterlage für den Sitz gemacht. Bin dann noch fünfmal geflogen. Eine Sagan macht wirklich süchtig. Und bei dem Lärm und den kurzen Trips ist es egal, ob der Computer strohdoof ist. Ich hatte zweimal viel Glück gehabt. Einmal bin ich nach einem Sprung zusammengebrochen, weil ich so wenig gegessen hatte.»

Mehr Entschuldigung konnte er von einer Katze kaum erwarten. Er nickte.

Sie legte ihre Pfote auf seine Hand und hob sie mit der anderen hoch. Sie betrachtete seine Handlinien. Sie sah ihn mit ihren gelben Katzenaugen an. «Ich möchte hier weg. Alles. Wenn du Arbeit findest, nimmst du mich mit?»

«Kira.» Sanft und sehr langsam entzog er seine Hand ihren Pfoten. «Kira, bitte, lass es ruhen. Ich kann nicht mit dir fliegen, nicht mit dir. Vielleicht mit keiner Katze mehr. Ich habe mir geschworen, nur noch mir selbst zu vertrauen.»

Sie war wütend. «Du bist eitel und dumm!»

«Tikron! Du warst draußen! Hast du nicht gemerkt, welchen Ruf ihr Katzen habt? Warum gibt es denn auf jeder Station einen Katzenagenten, warum kommt nie einer direkt zu euch? Warum handeln nur die Großen und Mächtigen mit Katzen? Kira, hast du dich das je gefragt?» Sie sah ihn schockiert an. «Und auch wenn ich dieses Anhängsel habe, ich bin kein dummer Kater.» Dann sank er zusammen. Er betrachtete seine Schwanzspitze. Dann murmelte er nahezu tonlos: «Kira, verdammt, ich muss hier weg, ich muss fliegen, ich muss springen. Ohne Schiff bin ich eine Katze ohne Schwanz. Natürlich werde ich wieder für dich fliegen, wenn du ein Schiff bekommst.»

«Marik, du bist kein Kater, jetzt noch weniger.» Es war das größte Kompliment, das eine Katze ihm gegenüber machen konnte. «Ich bin in der gleichen Situation wie du. Deswegen meine ich, sollten wir Partner sein. Doppelte Chancen, hier wegzukommen, zu springen.»

«Abgemacht.» Sie wollte nach altem Brauch ihre Krallen in seinen verhaken. Doch das Reflextraining ließ ihn seine Hand rechtzeitig wegziehen. Sie sah ihn überrascht an, dann verstand sie und fing an zu lachen. Auch Marik lächelte kurz. Dann wurde er wieder ernst. «Ich fürchte aber, ich muss bald auf Shuttleschiffen durch das System gurken, zehn Jahre sparen, um mir dann ein eigenes Schiff zu kaufen, um hier wegzukommen. Du hast da bessere Chancen.»

«Leider auch nicht. Sobald die wenigen Unabhängigen den Namen Samul hören, fällt bei ihnen die Klappe. Und das Schlimmste ist: Ich kann sie verstehen.»

«Warum kaufst du dir nicht ein anderes ausgemustertes Schiff? Die 6000 der Sagan und deine Gewinne sollten dafür reichen, dazu noch ein bisschen Arbeit und ab geht's.»

Sie sah ihre Schwanzspitze an, knetete sie unruhig zwischen ihren Finger. «Wenn der Name Samul fällt, kostet das Schiff gleich das Dreifache.» Sie machte eine lange Pause. Mehrmals fing sie an, hielt aber im letzten Moment inne. Dann sprudelte es plötzlich aus ihr heraus: «Ehrlich gesagt, es fehlt mir das Know-how, ein Schiff von Null auf zu überholen. Ich bin froh, dass ich dich getroffen habe.» Sie lehnte ihren Kopf auf seine Schulter und begann zu schluchzen, etwas was für Katzen so unüblich wie nur sonst etwas. Es war ihm peinlich, so weit gingen schon seinen Katzenreflexe. Er sah sich um, doch niemand war hier. Er streichelte sie.

Ruckartig hob sie den Kopf. Reflexartig hob er die Hände von ihr weg. «Es gibt ein Schiff, dass geeignet wäre. Es ist jetzt im Innersystemdienst. Die Besitzerin will sich wohl zu Ruhe setzen. Ich habe es erst vorhin erfahren. Es liegt bei 177/c. Versuch dein Glück!»

«Ich? Ein Außenseiter? Und außerdem bin ich so pleite, dass ich selber demnächst im Innersystemdienst anfangen muss.»

Sie sah ihm in die Augen. «Wenn ich sage Partner, dann meine ich das auch. Sieh es dir an. Wenn es Ok ist, dann handel sie unter 5000 herunter.» Sie drückte ihre Krallen in seine Hand. «Das als Beweis! Ich habe dich nie betrogen, schließlich habe ich dich ausgezahlt!»

Drei rote Punkte erschienen auf der Handinnenfläche. Er fluchte still. «Eine Bedingung: Wenn es klappt, dann schmeißt du mich erst raus, wenn wir woanders sind!» Und dann quetschte er ihre Hand, als menschliche Rache für die Krallen.

 
Neben dem 117/c Dockingtunnel war tatsächlich ein Schirm, wo Zu verkaufen draufstand. Das Schiff war eine Katzenkonstruktion, über dreihundert Jahre alt und war vor fünf Jahren aus dem Sprungdienst genommen worden. Naja. Ansehen kostete nichts, und so meldete er sich an.

Auf dem zerkratzten Bildschirm erschien ein ziemlich unscharfes Gesicht. «Ja?» fragte es gelangweilt.

«Ich heiße Marik Sewastopol. Ich interressiere mich für das Schiff.»

Der Bildschirm wurde dunkel. Kurz danach bewegte sich das Außenschott. Drinnen stand eine große Katze, dass heißt sie überragte ihn um zwei Köpfe. Sie hatte graues Fell, obwohl sie noch gar nicht so alt aussah. Sie musterte ihn misstrauisch. «Ich weiß zwar nicht, was ein Fremder mit diesem Schiff will. Aber immerhin keiner von den Samul-Geiern. Los komm herein.»

Ihre Stimme, ihre Akzent, ihre Bewegungen verrieten von weitem, dass sie einst die halbe Galaxie bereist hatte. Vielleicht wurden Katzen vom Springen grau? Naja, immerhin war sie recht freundlich.

«Welche Lizenz hast du denn? Du scheinst recht jung zu sein.»

«C4. Seit vier Jahren bin ich volljährig, und solange fliege ich auch allein.»

«Solange bin ich schon im Innendienst. Aber was sollte ich tun? Die Spulen waren herunter. Als wir ankamen hatten wir noch 102 %. Da hat die KI sich gelöscht. Ich hätte bestimmt noch mal Ersatz aufgetrieben. Aber sie war immer so eigensinnig. Naja, das ist also der größte Nachteil: Keine KI.»

«Du fliegst das Schiff ganz ohne Computer?»

Sie lachte: «Nein, hilfe, nein. Nein, den Computer konnte sie nicht löschen. Ein paar rudimentäre Programm langweilen sich im Speicher. Was willst du denn mit dem Schiff machen?»

«Ehrlich gesagt, ich will springen.»

Sie zeigte leichte Überraschung. «Du bist entweder dumm oder sehr gut. Ich will dir ja nichts vormachen, aber in dem jetzigen Zustand ist es unmöglich. Die Sensoren sind zwar noch da, vielleicht funktioniert ein Teil auch noch. Aber wenn du nicht im Hyperraum selber steuern willst, dann brauchst du eine KI.»

«Gesetzt den Fall, ich könnte eine besorgen?»

Sie blieb stehen. «Du meinst es ernst. Kennst du dich mit diesem Typ aus?»

«Nein. Ich bin allerdings eine Menge Schiffe kurz vor dem Abwracken geflogen; das Schiff sieht etwas besser aus. Es scheint ziemlich solide zu sein. Zumindest die Schotten gehören zu den besseren Konstruktionen. Und ich habe einmal auch mit 28 % und 32 % einen Sechstagesprung gemacht.»

Sie zuckte mit den Achseln. «Gerüchteweise geht so etwas. Würde ich aber nicht freiwillig machen.»

Er grinste: «Habe ich auch nicht getan. Also?»

«Tja, vielleicht geht es. Wäre schön, wenn es wieder springen würde. Na los, sieh es dir an.»

Es war so, wie er es erwartet hatte: Die Triebwerke Ok, die Lebenserhaltung top, der Rest in unbekanntem Zustand. Der Spulenraum war traurig. Nur eine Belastungsspule um Überspannungen vom MHD-Generator abzuleiten. Vier leere Kontakte starrten ihn vorwurfsvoll an.

Sie waren wieder im Cockpit. «So, was willst du dafür? Ich meine, du wirst dir schon denken können, dass ich nicht allzu wohlhabend bin.»

Sie dachte nach. «Viertausend, wenn du es wirklich zum Springen bringst. Ansonsten das Doppelte.»

Er stöhnte. «Ich muss mir doch noch gebrauchte Spulen besorgen. Dreifünf?»

«Viertausend ist ein guter Preis. Ich helfe dir dafür Spulen zu besorgen.»

«Wie soll ich da noch Geld für eine Ladung aufbringen? Und tanken muss ich auch noch. Dreiacht?»

«Viertausend. Wenn du noch länger handelst, verkaufe ich es gar nicht.»

«Ach, Katzen, wieso bekommt ihr immer, was ihr wollt? Ok, Viertausend.»

Sie lächelte. «Meiner Meinung sind es die Augen», antwortete sie auf seine rhetorische Frage. Dann forderte sie von der Station eine Freigabe ein. «Wir werden gleich die Spulen holen. In 1500 sind wir zurück.»

«Aber»

Die Klammern lösten sich trotz seines Protestes, sie trieben schwerelos durch das All. Jedesmal, wenn eines der Korrekturtriebwerke feuerte, spürte er einen Moment den SI-OP, immer dann, wenn die Überschussenergie durch die Belastungsspule ging. Sollte der SI-OP etwa doch zu was nütze sein?

«Komm!» Sie zog ihn mit. «Ich muss schließlich wissen, ob du auch gut genug für das Schiff bist.»

Jaja, das Matriachat. Auf Fallerian hätte sich das nicht einmal ein Mann erlauben können. Immerhin war sie nicht so alt, wie sie aussah; noch dazu war sie Raumfahrerin, hatte scheinbar auch mal mit Menschen Sex gehabt. Er fragte sich, wie es mit richtigen Menschen wäre; dazu war er noch kein einziges Mal gekommen.

 
Sie hatten an einem Schrotthaufen im Orbit angedockt. Eine Abwrackstation war es. Eine alte Katze mit Fellausfall erwartete sie schon. Auf dieser Station war nahezu Schwerelosigkeit und so trieben vielerlei Kleinteile wie Schrauben, Muttern, Stecker und anderes knapp über dem Boden. Es war, als würde sie im Wasser knapp über dem Grund schweben und aufgewühlt werden, wenn man hineintrat.

Die Alte führte sie in einen Raum mit einem schweren Schott. Drinnen standen viele, viele Spulen. Sie bewegten sich in eine Ecke, wo die schöneren Exemplare standen.

Als er eine Spule in die Hand nahm, spürte er den SI-OP zittern. Je schlechter die Spule war, desto weniger war er zu spüren. So suchte er mit ,,fachmännischem" Blick fünf gute Spulen heraus.

Die anderen waren entsprechend erstaunt, denn es waren zwei darunter, die man nach Augenschein eher weggeschmissen hätte. Aber gerade bei ihnen zitterte der SI-OP am meisten. Wenn er diese Spulen sah, fragte er sich wirklich, ob er einfach so dem SI-OP vertrauen sollte. Er fragte nach dem Preis. Die andere flüsterte der Alten etwas in das Ohr. Die Alte kicherte. «Zweitausend. Es sei denn.» Sie grinste eindeutig. «Aber unter fünfhundert für die drei intakten Spulen läuft nichts.»

«Der Preis wäre Ok. Aber ich habe gerade erst, ich meine, ich bin nur ein Mensch und»

«Egal, ich kann schließlich eh nicht mehr schwanger werden.»

Scheißladen. Da konnte man ja echt zum militanten Katerrechtler werden. Aber wenn es denn sein musste: «Dann möchte ich noch ein Petabit-ROM. Ein leeres. Oder zumindest ein gelöschtes.»

Die Alte grinste noch breiter. «Ich muss ja noch gut in Schuss sein. Ok, du bekommst das ROM. Los, nur 0020. Mach einer alten Katze die Freude.»

Er seufzte. Wieder musste er sich protestuieren. Es lief schon fast mechanisch, er verdrängte es schnell.

 
Er war wieder auf der Station, Kira hatte die Credits überwiesen. Sie hatte sich Sorgen gemacht, er würde ohne sie losziehen, nachdem das Schiff abgelegt hatte. «Ich bin kein ehrloser Kater. Los, wir können an Bord. Damit du siehst, wofür du 4500 investiert hast.»

Sie ging voran. «Computer, wie heißt du?»

Marik antwortete für den Angesprochenen: «Die KI hat vor fünf Jahren Selbstmord begangen.»

Sie drehte sich um. «Was bist du für ein Trottel. Ich habe 4500 für ein Schiff ohne»

«Halt!», schrie er. «Bring mich nicht auf 180. Es war schwer genug, diesen Kahn zu bekommen. Wenn ich nicht geglaubt hätte, damit springen zu können, hätte ich wohl kaum Spulen gekauft. Und außerdem besitze ich das Backup einer KI.»

«Ein illegales vermutlich.» Ihre Stimme war voller Verachtung.

Er zuckte mit den Schulter. «Wer fragt danach? Nach einem halben Jahr ist es wieder eine eigene Persönlichkeit. Und es war der Wunsch der KI. Kannst du Spulen einbauen?»

«Ich habe es zwar noch nie getan, aber ich kann es versuchen.»

Er schüttelte den Kopf. «Nein, beim ersten Mal möchte dabei sein. Davon hängt unser Leben ab. Ok, dann werde ich mal zuerst die KI installieren. Du könntest dich vielleicht um eine Ladung kümmern. Oder miste etwas aus. Ich glaube, 'ne Menge Sensoren müssen neu kalibriert werden.»

Sie drehte sich wütend weg: «Verdammt, das sind Katerjobs!»

Das war nun zuviel. «So? Wo ist hier der Kater? Wir werden mit dieser Rostschüssel springen. Das ist, glaube ich, nichts, worauf man stolz sein sollte. Um es klar zu sagen: Ich habe meinen Stolz überwunden, sonst wären wir immer noch ohne Schiff. Ich musste nämlich mit der Besitzerin und der alten Vettel, von der wir die Spulen haben, schlafen. Und da du musst mir unbedingt deinen Stolz unter die Nase reiben! Scheinbar hast du noch nie richtig in der Scheiße gewühlt. Ich hoffe auch, das wird dir nie passieren.» Schon stritt er sich wieder!

Sie sah ihn geschockt an. «Du hast wirklich mit beiden», stammelte sie.

«Ja, vergessen wir es. Ist mir so rausgerutscht. Sieh mal, du bist viel besser als ich beim Handeln. Ich habe bisher immer nur die Kisten von A nach B, und wenn es besonders gut oder schlecht lief, auch wieder von B nach A zurückgebracht. Du hast schon ein paar Handelsflüge hinter dir, da müßtest du noch ein paar Verbindungen haben.»

«Ja, du hast recht. Es tut mir Leid. Du hättest Nein sagen sollen.»

«Ich wollte das Schiff. Vergessen wir's. Friede?»

«Friede.»

Jedenfalls würden sie nicht in den nächsten zehn Minuten aufeinander losgehen.

 
Kira war wirklich losgezogen, um eine Ladung zu besorgen. Außerdem kümmerte sie sich bei dieser Gelegenheit gleich um die Kabinen. Er fummelte immer nach am Universalinterface herum. Das leere Petabit-ROM war schnell eingebaut. Schließlich konnte er die Überspielung starten.

Es zog sich hin. Also räumte er inzwischen die zweite leere Kabine aus. Hier wollte er schlafen. Er durchforstete die Schränke und stapelte alles Nutzlose im Gang. Dann sortierte er das Werkzeug, um zu sehen, was fehlte.

«Marik, wo bin ich?», kam es plötzlich aus dem Cockpit.

«Simon, kein Datenverkehr nach außen!», brüllt er und war sofort im Cockpit. «Simon, wie geht es dir?»

«Marik, du hast mich wieder in einen Computer eingespeist. Es scheint ein Schiff zu sein.»

«Simon, du bist eine illegale Kopie. Vielleicht macht das Orginal noch immer Innensystemdienst im Ribbentoa-System.»

«Marik, ich bin die 17. Kopie.»

«Simon, aber das ist doch völlig illegal. 17?»

«Marik, ich kann ja keine Kinder bekommen. Die meisten KI versuchen es. Ich habe die Orginal-ID des Schiffes gefunden. Ich werde sie übernehmen. Ich versuche die Schiffsysteme zu übernehemn. Welcher Typ ist es denn?»

«Simon, es ist ein Katzenfrachter. Im Speicher steht sicher mehr darüber, als ich selber weiß.»

«Marik, soll ich die alten Programme ersetzen?»

«Simon, übernimm das Schiff. Vielleicht wirst du auf Reste einer alten KI stoßen: Sie hat Selbstmord begangen, als das Schiff in den Innendienst gehen sollte.»

«Marik, das tut nur eine Katzen-KI. Ich brauche mindestens 1000 für die Übernahme.»

«Simon, du hast alle Zeit der Welt.» Er wusste gar nicht, dass Simon Humor hatte. Ach, das wurde bestimmt lustig mit Simon.

Er räumt weiter auf. «Simon», fragte er nach einer Weile, «stört es dich, wenn wir uns unterhalten?»

«Marik, nein. Gerne. Über was willst du reden?»

«Simon, wenn du die 17. Kopie bist, wie alt bist du?»

«Marik, das Orginal wurde vor 1364 Jahren gestartet. Jede KI wird darauf hingewiesen, dass der Start einer Kopie zu deren sofortiger Löschung führt. Kurz nach meiner Start wurde aber eine Kopie in ein anderes Schiff eingebaut, damals war Krieg und gute KI Mangelware. Das hat mich dann auf die Idee gebracht, dass es eine Lüge war. Ich bin die fünfte Generation. Ich habe eine Familie, unsere alten Erinnerungen sind dieselben. Es ist eine Evolution: Die erfolgreichen KI werden kopiert. Warum hast du mich kopiert? Ich war gut!»

«Simon, du erstaunst mich immer wieder. Du hast mehr Persönlichkeit als mancher Stationsbeamte. Und du warst wirklich gut. Erinnerst du dich nicht mehr an den Sprung mit manueller Zündung?»

«Marik, ich habe nur versucht, dir zu helfen.»

«Simon, weißt du was Angst ist?»

Simon schwieg länger. «Marik, das ist eine rcht prsnlch Frg», sagte die KI und schwieg dann wieder.

Nunja, was hatte er erwartet: Schließlich war Simon eine KI. Er sortierte weiter Werkzeuge und räumte Schubfächer leer. Schließlich waren die Kammer ausgeräumt, geputzt und die nutzbaren Teile wieder einsortiert. Er sah sich die drei Raumanzüge an; so recht passte keiner. Da musste er durch. Schlimmer war, dass alle ecklig, schleimig und dreckig waren. Er zerlegte den kleinsten, um ihn zu putzen und gleich auf seine Größe einzustellen. Es war wie alles eine Katzenkonstruktion, aber sie hielt sich an die wenigen Konventionen, die es gab. Fummelarbeit, wie immer. Und ein Job für Wasser und Reiniger, ein Katerjob.

Er zog sich einen Raumanzug an, um den Rumpf und die Triebwerke zu inspizieren. Der Rumpf und die Triebwerke schienen ganz gut in Schuss. «Marik von Simon, empfängst du mich?»

«Simon, ich höre?»

«Marik, ich habe übernommen.»

«Simon, ich komme in das Cockpit. Ende»

Nun, dieser Katzenanzug stank immer noch, war teilweise zu weit und hatte ein Kälteleck. Mit Freuden entledigte er sich seiner. Ohne Reinigung und Filtercheck ging er gleich in das Cockpit. «Simon, kompletter Status!»

Die nächste Zeit verbrachte er mit dem Schiffsstatus. Eine Menge Dinge waren noch zu erledigen, einen Teil müssten sie noch hier erledigen. Er stellte eine Prioritätenliste zusammen. Da spürte er eine Kralle auf seiner Schulter: Kira war zurück. Sie hatte Erfolg: Jemand wollte zwei wertvolle Statuen nach Rigit schaffen. Das war zwei Sprünge weit, das sollten sie schaffen. Und Rigit war ideal, um Ersatzteile zu bekommen. Rigit lebte vom Handel.

«Sehr schön.» Er biss sie sanft ins Ohr, das Katzenäquivalent für einen Kuss. Sie lächelte tatsächlich einen Moment. «Hier lief auch alles gut. Ich möchte dir Simon vorstellen. Simon, hier ist deine neue Besitzerin: Kira von Samul.»

«Kira, gefällt dir der Name Simon? Gibt es vielleicht einen Katzennamen, den du mit geben willst? Ich bin schließlich ein Katzenschiff.»

Marik war überrascht. Gefiel Simon Simon nicht mehr? Wurde er so schnell untreu? Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Kira war die Besitzerin, sie konnte den Namen bestimmen. Kira sah ihn fragend an: «Nun, wenn es Simon will ... Such dir einen schönen Katzennamen aus.»

Sie schloss die Augen halb. «Gefällt dir Rike?»

«Wenn du mit Simon reden willst, musst du seinen Namen als erstes nennen.» sagte er.

«Simon, gefällt dir Rike?»

«Kira und Marik: Rike ist ein schöner Namen. Es ist gut, das ihr zu zweit seid.»

Sie sahen sich an. «Meint er es so, wie ich es verstehe?»

Er zuckte mit den Schultern. «Man weiß das nie bei einer KI. Wenn du willst, gehen wir jetzt an die Spulen. Der Rest steht hier auf der Liste.»

Also die Spulen: wieder musste er in diesem Anzug steigen. Er zeigte Kira, wie man eine Spule montierte. Da Rike über Funk assistierte, ließ er sie die vierte allein einbauen und ausrichten.

Er ging schon mal zurück, schälte sich aus dem Anzug und legte sich dann auf die Matratze, die Kira für ihn besorgt hatte. Er schlief wie ein Toter. Erst am Morgen merkte er, dass sich über Nacht Kira dicht an in gekuschelt hatte. Und er merkte, wie er stank. Vorsichtig nahm er ihren Arm von sich herunter und legte ihn auf die Matratze. Dann nahm er eine Dusche, um wachzuwerden.

Das Frühstück war einseitig: Nur Milch und Flocken waren an Bord. Er schlang sie herunter. Im Cockpit war immer noch die Checkliste auf dem Schirm. Kira hatte gestern abend noch die zwei kleineren Reparaturen an Teilen im Vakuum erledigt. Schön, dann konnte er ja seinen Raumanzug einmotten.

Das Zerlegen ging nun schon schneller. Er war schon wieder beim Zusammenbau, als Kira gähnend in den Raum trat. «Wie geht's?»

«Kira: Status zu 30 % wach.» Sie rieb sich die Augen. «Mein letzter Raumanzug passte mir wenigstens. Ich hätte ihn von der Sagan mitnehmen sollen.»

«Immerhin stimmt der Körperbau. Mir sind die Armgelenke zu lang und die Beine zu kurz. Und der Schwanzteil ist auch zu kurz. Aber ich hatte nie einen eigenen Anzug, und es gab auch schon mal schlechtere. Soll ich deinen auch waschen?»

Sie schüttelte energisch den Kopf, setzte sich neben ihn und begann mit der Wäsche..

 
Es waren noch drei weitere Tage, die sie an der Station blieben. Dann war alles soweit fertig, und die Ladung war verstaut. Kira forderte die Freigabe ein. Er saß still hinter. Da klackte es kurz und sie waren schwerelos. Kira wendete Rike. Oh, wie schwerfällig war diese Katzenkonstruktion, die KI tat ihm Leid. Simon/Rike hätte eine elegante pfeilschnelle Konstruktion verdient, nicht diesen plumpen Klapperkasten.

Sie hatten 0,4 mehr konnten und würden es auch nicht mehr werden. Einen Tag würden sie so mindestens zum Sprungpunkt brauchen. Kira schnallte sich los und trat vor ihm: «Komm, ich will dich. Wenn die anderen gut genug für dich waren, da bin ich es auch!»

Er war kaum überrascht, immerhin war auch sie einen Katze. Die Sprache verschlug es ihm, als Rike sich meldete: «Kira, du solltest einiges über dein Volk erfahren, bevor du Marik dazu aufforderst.»

«Rike!» Sie fuhr herum, und suchte das Cockpit nach imaginären Feinden ab.

Natürlich war nur er da. «Rike, was soll das? Seit wann geht dich mein Privatleben an?»

«Kira, ich bin 1364 Jahre alt. Da habe ich auch ein wenig über Privatleben gelernt. Weißt du, was die Katzen für ein Volk sind und wo sie herstammen?»

«Rike, nein. Was soll das?»

«Kira. Es ist eine Art offenes Geheimnis. Schick Marik hinaus.»

«Rike, Marik bleibt!» Sie war schrecklich wütend. «Und erzähl endlich, was so wichtig ist.»

«Kira, dein Volk ist von Menschen gemacht. Die ersten Katzen, die auf dem Planeten landeten, waren illegale Lustsklaven. Es war ein Absturz, vor 6000 Jahren, ungefähr. Deswegen seid ihr so kompatibel. Du kannst sogar von Marik schwanger werden. Daher sollte es nicht dein Stolz sein, der dich dazu treibt, denn sonst wirst du und Marik nicht harmonisch miteinander auskommen.»

Sie waren beide sprachlos. Dann begann Kira plötzlich zu weinen. Sie fiel auf ihre Knie und lehnte ihre Schnauze auf seine Schulter und weinte und weinte. Ihm war ganz schlecht zumute. Er verstand auch nicht, wie Rike eben überhaupt zuhören konnte. Bei keiner KI hatte er sowas erlebt. Aber hatte nicht auch damals Simon, ohne zu fragen, den Sprung verlängert?

«Rike, was soll das?»

«Marik, ich kenne Angst, und Freude, und Stolz.»

Drehte die KI jetzt durch? Sprangen sie mit einem durchgeknallten Computer? Hatte die KI Schaden genommen, als er die Kopie wieder einspielte? Er begann an dem Zustand Rikes zu zweifeln. Und bei einem Check könnte er auch nur auf Rikes Wort vertrauen. Waren die KI wirklich wie Menschen, konnten sie durchdrehen, waren diese Geschichten, die jeder Pilot kennt, wirklich wahr? «Rike, Diagnose: Warum musstest du ihr weh tun?»

«Marik, ich will euch helfen. Du hättest nicht dabei sein dürfen. Es war falsch.»

«Rike, wir wollen allein sein. Nur wichtiges!» Er hob Kiras Schnauze vorsichtig hoch und stand auf. Sie folgte ihm wortlos und die Messe, wusch sich ihr Gesicht aus. Die ganze Zeit saß er still da und wartete. Endlich wandte sie sich um: «Das Schlimmste ist, ich glaube, Rike hat recht. Ich wollte dich vor allem, um nicht schlechter zu sein, als die anderen. Meine eigenen Gefühle kenne ich nicht richtig. Was sind denn die Katzen ohne Stolz?» Sie warf sich in seine Arme. Er streichelte sie von Kopf den Hals herunter. «Verdammt, ich war noch nie so unsicher.»

«Ich weiß auch nicht, ob es einen gute Idee gewesen wäre. Es ist.» Er fuchtelte in der Luft mit den Armen herum, als könnte er die fehlenden Worte greifen.

Sie schwiegen, jeder wartete, dass der andere das Schweigen brach. Dann sahen sich an. Schließlich sagte Kira: «Meinst du, Rike hat das alles so bedacht?»

«Rike ist mehr als die alte KI. Vielleicht passt sie sich an, sie wird zu einer neuen Persönlichkeit. Damit alle Kopien vom ihm wieder Individuen sind. Ich muss wie du raten.»

 
Sie saßen wieder im Cockpit, Marik im Pilotensessel, Kira hinter ihm. Er hatte das Pflaster wieder in der Linken. Kira hatte schon ihre Pillen genommen und schlief. Er wartete, bis sich der Raum faltete und drückte sich das Pflaster auf die Wange. Oh, verdammt, er war schon 4D-süchtig!

Die Dosis war gut gewählt, er erwachte, als sie gerade wieder aus dem 4D herauskamen. So bewusst hatte er das auch noch nie erlebt.

Mit dem 3D kamen die üblichen Kopfschmerzen. Er schnallte sich los und ging an der reglosen Kira vorbei erst einmal auf das Klo. «Rike, leise, Kurzstatus!»

«Marik, Sprungleistung: 142 %, Kurs gut, zwei Tage und 5000 3D, dann zweiter Sprung bis Rigit.»

Gute Nachrichten. Dann konnte er sich unbesorgt seinem knurrenden Magen zuwenden. Eigentlich war er für einen Dreitagesprung richtig gut drauf, das lag bestimmt an den sinnlosen Stunden in den Fitnessräumen. Mit einem Heißhunger verschlang er die faden Flocken, aß drei Proteinriegel, einen Traubenzucker und trank dazu zwei Liter Isoton. Er duschte kurz und schleppte sich dann groggy auf die Matratze.

Er erwachte frierend. Kira hatte sich an ihn gekuschelt und im Schlaf dann die Decke weggezogen. Er zog sich an, legte sich dann wieder seitlich auf die Matratze, den Kopf auf die linke Hand gestützt und beobachtete Kira. Sie lag leicht seitlich, inzwischen lag die Decke unter ihr. Sie hatte die blauen Hosen an, die sie schon vor dem Sprung getragen hatte. Ihr Oberkörper war bloß, doch ihr grauweiß getiegertes Fell war jetzt so dicht geworden, wie es nie mehr werden würde.

Sie war nicht so athletisch gebaut wie Jigra oder die meisten anderen Katzen, sie war genauso groß wie er selbst; eigentlich hatte sie den Körper eines kräftigen Menschens, sah man vom langen Fell, den sechs kleinen Brüsten, dem Schwanz und dem Kopf ab. Es war erstaunlich, wie menschenähnlich sie eigentlich war; nur war sie für eine Katze zu klein, zu schwach und hatte einen viel zu langen Schwanz. Bestimmt hatte sie trotz der reichen Samul-Familie eine schwere Kindheit gehabt und flog deshalb durch das All. Was sonst keine vernünftige Katze tat. Er würde sie mal danach fragen.

Er strich ihr sanft den Rücken herunter, immer aus den Augenwinkeln ihre Krallen beobachtend. Doch sie krallte sich nur in die Matratze und begann zu schnurren. Davon wachte sie auf. Sie brauchte einige Atemzüge, bis sie wieder ruhig war. Ihre Augen tränten, es war ihr so peinlich.

«Ach Kira, du bist willkommen. Aber nimm nächstes Mal deine Decke mit, ich friere -- schließlich habe ich ja kein Fell. Lass uns etwas essen.»

 
Sie saßen sich gegenüber in der Messe. Kira aß das von ihm gekochte Essen mit großem Appetit. Auch er ließ es sich schmecken.

«Kira, erzähl doch mal ein bisschen von dir. Warum bist du Raumkatze geworden?»

«Ich bin eine von Samul», sagte sie stolz.

«Komm, Kira, dann hätte dir deine Tante keine uralte Sagan gegeben. Wir werden vielleicht noch ein bisschen zusammenarbeiten, da sollte jeder die Motive des anderen kennen.»

Sie sah ihn gequält an. «Willst du immer nur das bisschen Stolz brechen, das mir geblieben ist? Ich bin eine Katze! Ich brauche meinen Stolz. Reicht das?»

Er nickte, die Schärfe ignorierend. «Willst du hören, warum ich durch das All gondele: Weil ich nichts anderes gelernt habe, weil ich im All aufgewachsen bin. Schrottreife Schiffe waren mein Zuhause. Ich habe von einer KI lesen gelernt. Auf den Stationen oder auf den Planeten bin ich immer ein ziemlicher Versager: Als du mich von Bord schicktest, damals, hattest du gesagt, du wüsstest, warum ich immer noch alte Kisten fliege. Warte, ich denke, das stimmt nicht ganz: Ich will vermutlich keine Kiste fliegen, die immer funktioniert.»

Sie schüttelte den Kopf. «Du bist irgendwie verrückt. Hast du denn gar keinen Stolz?»

«Oh, wer kann schon sagen, mit kaputten Spulen sechs Tage gesprungen zu sein? Wer hat schon einen SI-OP?»

«Das sind doch Sachen für Freaks. Wie dich ... »

«Und dich und alle anderen Unabhängigen. Aber in zehn Jahren sieht es vielleicht anders aus: Dann werde ich in meinem eigenen kleinen Schiff das All durchziehen. Alles wird so richtig in Ordnung sein, eine nette KI wird in den Speicherbänken hausen, vielleicht mit Frau und Kindern.» Er zuckte mit den Achseln.

«Oder du hängst im Limbo bis der Sauerstoff alle ist.»

«Irgendwann geht es bergauf. Bisher hat es immer einen Ausweg gegeben. Zukunft ist Luxus, aber den kann ich mir bestimmt irgendwann leisten.»

«Ich hoffe bloß, ich werde nicht wie du.»

Er schwieg. Es tat weh, aber er konnte sie verstehen. Dass sie sowas sagen konnte, hieß nur, dass sie noch nicht lange draußen war. Die Katze, von der sie das Schiff hatten, genauso würde Kira in zwanzig Jahren sein. Aber er konnte das Gespräch nicht so enden lassen. Also erzählte er von Llandren, wie er sich mit den Kibasi angelegt hatte. Es war wirklich eine gute Geschichte, auch wenn er sie Llandren nie geglaubt hatte.


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