Der alte Leuchtturmwärter von Markus Pristovsek


Dumpf erzitterte wieder einmal der dunkelrote Boden von Jala, wie NGC 132 215 III hier genannt wurde. Auf den Raumflughafen erloschen die Lichter.

«Verdammt!», fluchte der alte Leuchtturmwärter, weniger wegen dem Stromausfall, als vielmehr wegen der nächtlichen Ruhestörung. Mürrisch drehte er sich um. Es war schon der vierte große Meteoriteneinschlag in diesem Monat, selbst für ein junges System etwas ungewöhnlich, aber nicht beunruhigend.

Doch selbst am nächsten Morgen hing Staub wie roter Nebel in der Luft und es war kühl. Es muß wohl der schwerste Aufschlag seit der Landung gewesen sein. Sogar Strom hatten sie immer noch keinen.

Am Nachmittag kam endlich ein Bote. Der Meteorit war mitten in den zentralen Empfänger für die Mikrowellen des Sonnensatelliten eingeschlagen. Für die Dauer der Aufbau- und Aufräumungsarbeiten würde sie ohne Strom bleiben, die nächsten 2 Wochen.

Also machte sich der alte Leuchtturmwärter mit seinem Sohn zusammen an die Arbeit. Sie legten das Funk- und das Leuchtfeuer richtig still und entfalteten einige Solarzellen, um die Akkumulatoren des Funkgerätes für den Notfall zu laden.

Doch es war durch den Staub recht dunkel und die Akkus wurden und wurden nicht voll. Ständig kehrten sie Staub von den kostbaren Siliziumplättchen. Ersatzteile gab es erst wieder 32 Lichtjahre entfernt, auf einen blauen Planeten Namens Erde. Doch der letzte Besuch eines Erdenschiffes, der dritte überhaupt, lag schon 170 Jahre zurück. Und der nächste Flug stand wahrlich in den Sternen, wenn er die 32 Jahre alten Nachrichten der Erde verfolgte.

Doch sie hatten es sich ganz gut eingerichtet. Nur Versorgungsshuttles hätten es mehr sein können. Fünf hatten sie einmal, drei waren noch einsatzbereit und flogen durch das System. Eines war Ersatzteilspender und eines war völlig verloren.

Der Leuchtturmwärter zog sich aus diesen düsteren Gedanken zurück und holte ein Backgammonspiel. Schweigend spielte er mit seinem Sohn, bis es dunkel wurde und sie anfingen, alles einzupacken.

Da erreichte sie der Ruf eines Versorgungsshuttles. «Ba-is, -ier fü-, -itte -mmen!» Die Verbindung war schlecht, sie hörten nur Wortbrocken.

«Hier Basis.»

«-llo Basis, -i- -in- - unhör-r. -ir brauch- -andeer- sof-. Hab- Sau-off-erlust.»

«Wir haben Schaden. Fixieren sie Terminator. Versuchen sie uns zu peilen. Reguläre Landehilfen sind ausgefallen. Es herrscht schlechte Sicht!»

«-erstan-. -ben keine -ahl. -erd- -such-»

«Viel Glück»

Der alte Leuchtturmwärter seufzte tief. Dann ging er zusammen mit seinem Sohn das Notfallpaket holen und trug die schwere Kiste zu Anfang der Landepiste. Dort bauten sie die Zusatzrichtantenne für das Funkgerät auf. Außerdem bauten sie ein seltsames Gerippe aus Stahlnetzen und Spiegeln auf. Dann warteten sie auf das Shuttle.

Es meldete sich bei 15 km Höhe recht nahe, soweit sie das ohne Radar und mit dem schwachen Funkgerät feststellen konnten. Sie taten ihr bestes, das Shuttle weiter heranzulotsen. Als das Shuttle auf fünf Kilometer gesunken war, sah der alte Leuchtturmwärter seinen Sohn ernst an.

«Mein Sohn. Lange habe ich nach etwas geeignetem Brennbaren gesucht. Doch es war fast alles zu wertvoll oder zu wenig. Und Wasserstoff brennt fast unsichtbar blau, wie du weißt. Also habe ich mich für eine riskante Möglichkeit, die letzte, die ich kenne, entschieden.

Vor gut einer Stunde habe ich mir ein Serum gespritzt, das auf der Erde aus leuchtenden Tieren gewonnen wurde. Das hat sich jetzt unter meiner Haut angereichert. Wenn das Shuttle auf zwei Kilometer herunter ist, feuerst du eine Leuchtrakete ab.

Wird diese gesehen, dann spritze ich mir den Aktivator. Von da ab werde ich etwa zehn Minuten hell pulsieren. Doch schon nach fünf Minuten bin ich dem Tod geweiht. Wenn das Shuttle bis dahin gelandet ist, spritzt du mir das Gegenmittel, sonst war es halt Gottes Wille. Und denke bei allem was du tust an die zehn Männer dort oben in ihrem Shuttle.»

Sein Sohn nickte stumm. Das Shuttle sank weiter, bis es auf zwei Kilometer herunter war. Eine rote Leuchtkugel erblühte im pechschwarzen Nachthimmel. «Wir sehen euch.», kam sogleich die Antwort aus dem Shuttle.

Kaum hatte der Leuchtturmwärter die Kanüle wieder herausgezogen, so blinkte im Sekundentakt ein sich vergößernder Kreis um die Einspritzstelle. Als er sich völlig ausgezogen hatte, pulsierte schon sein halber Körper. Und als er auf dem Reflektorgitter lag, pulsierte er so hell, daß sein Sohn wegsehen mußte.

Das Shuttle kreiste immer noch um die vermutete Position der Landepiste. Die Minuten schlichen dahin. Endlich sah die Shuttlebesatzung das grüne Pulsieren und hielt darauf zu.

Als das Shuttle aufsetzte, war der Leuchtturmwärter schon am Erlöschen; doch auf dem toten Gesicht lag ein wahrhaft strahlendes Lächeln, während sein Körper durch das Gitter tropfte.


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