Nachdem er als 25jähriger im Graetzschen Handbuch der Elektrizität und des Magnetismus den Abschnitt Dielektrizität verfaßte, arbeitete er weiterhin an der klassischen Mechanik, der Brownschen Bewegungstheorie und
anderer Schwankungserscheinungen, sowie mit der mathematischen Statistik und der Fehlertheorie. Aber auch die modernen Entwicklungsrichtungen wie die Atom- und Quantenphysik erregten Schrödingers Aufmerksamkeit. Die in diesem
Zeitraum herrschende Unschlüssigkeit und Widersprüchlichkeit in der Quantenphysik ließ ihn jedoch von ihr Abstand nehmen und sich der ihm interessanter erscheinender Farbenlehre widmen. 1913 strebte Schrödinger die Habilitation
in seinem Fachgebiet an, die am 09. Januar 1914 bestätigt wurde. Hiermit hatte er die höchste wissenschaftliche Prüfung bestanden und das Recht, Vorlesungen halten zu dürfen, allerdings waren die ehrenvolle Privatdozentur
unbesoldet und seine Einkünfte als Universitätsassistent äußerst bescheiden; so war es nötig, sich einen Namen in der Wissenschaft zu erlangen und auf diesem Wege ein Anrecht auf freiwerdende Lehrstühle anzumelden. Wochen vor
Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde Schrödinger eingezogen. Seine Tätigkeit als Offizier bei der Festungsartillerie in verhältnismäßig ruhigen Stellungen der österreichischen Südwestfront ließ ihm aber Zeit, sich weiter mit der
Physik zu beschäftigen und Fachliteratur zu lesen. So konnte er die Einsteinschen Grundlagen der allgemeinen Relativitätstheorie bereits kurz nach deren Erscheinen im Jahre 1916 kennenlernen. Schon bald war er mit der neuen
Gravitationstheorie derart vertraut, daß er an den den Einsteinschen Darlegungen manches als "unnötig kompliziert" empfand und auch schon in der Lage war, mit eigenen Beiträgen auf sich aufmerksam zu machen. In zwei Publikationen
konnte Schrödinger Einstein zur Stellungnahme herausforderten. Nach Kriegsende kehrte er im November 1918 an das Wiener Physikalische Institut zurück. |